Eine Kik-Filiale für Nordkirchen, oder ein Unverpackt-Laden in Capelle? Viele Nordkirchener wünschen sich weitere Einkaufsmöglichkeiten in der Gemeinde. Wie realistisch sind solche Wünsche?

Nordkirchen

, 23.01.2020, 12:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Mit dem ehemaligen Kaufhaus Borgard, der ehemaligen Schwanen-Apotheke und dem ehemaligen Bekleidungsgeschäft Instyle Fashion stehen an der Schloßstraße in Nordkirchen noch immer drei Ladenlokale in bester Lage leer.

Auch in den anderen Ortsteilen schlummert noch Potenzial für Neuansiedlungen: In Capelle hat die Gaststätte Mersch an der Dorfstraße seit über 15 Jahren keine Pächter. Und seit Jahren hofft die Gemeinde, dass sich für das Gebäude, das sich in Privatbesitz befindet, eine neue Lösung findet. Mehr als Hoffnung ist es aber auch nicht.

Ein Buchladen fehlt den meisten Befragten

Viele Nordkirchener haben unterdessen ganz genaue Vorstellungen und Wünsche für ihren Ort. In einer nicht repräsentativen Online-Umfrage dieser Redaktion gab etwa ein Viertel der Befragten an, ein Buchladen fehle im Ort besonders.

Im März 2018 musste Miss Marple‘s Buchladen an der Schloßstraße schließen, weil Inhaberin Alexandra Rempe keine Nachfolge für das Geschäft fand. Rempe selbst hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die Buchhandlung Storm in Bremen übernommen und wollte sich auf das dortige Geschäft beschränken.

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Auch über Facebook äußern viele Nordkirchener den Wunsch nach einem neuen Buchladen. Vor allem für Eltern war das Angebot praktisch, weil sie bei Miss Marple‘s Buchladen bequem Schulbücher bestellen konnten.

Neben diesem Angebot scheint die Nordkirchener außerdem der Wegzug von Instyle Fashion zu schmerzen. Zwar gibt es an der Schloßstraße das Mode- und Lifestyle-Geschäft H R Lifestyle, ein weiteres Bekleidungsgeschäft würden trotzdem zwölf Prozent der Befragten gerne sehen.

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Der Wunsch taucht auch in der Facebook-Umfrage auf. Ein Kik-Markt, oder eine kleine Filiale der Modekette Peek & Cloppenburg werden dabei als Beispiele genannt. Wie realistisch die Umsetzung solche Wünsche für eine 10.000-Einwohner-Kommune wie Nordkirchen ist, weiß Jens von Lengerke von der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Münster.

Für sogenannte Grundzentren wie Nordkirchen, also Kommunen unter 20.000 Einwohnern bestehe die große Aufgabe daraus, die Grundversorgung im Ort zu erhalten, erklärt von Lengerke. Heißt: Lebensmittel, Getränke, Drogerie - „alle Waren des täglichen Bedarfs“, fügt er hinzu.

Angebote, wie Schuhgeschäfte, oder Textilien kämen erst im zweiten Schritt. Denn gerade hier sei der Konkurrenzdruck besonders groß. Nicht nur durch Großzentren, wie Münster oder Dortmund, sondern vor allem auch durch den Online-Handel, erklärt Jens von Lengerke.

„Wir müssen in den Ortsteilen die Einwohnerzahl halten - im besten Fall noch etwas steigern.“
Dietmar Bergmann

Eine gewisse Sonderstellung hat die Gemeinde durch die Fachhochschule für Finanzen und die rund 1000 Finanzstudenten, die viel Kaufkraft in den Ort bringen. So war dieser Standortfaktor ein Grund für die Drogeriekette Rossmann, eine Filiale im Mühlenpark zu eröffnen.

Auch durch den touristischen Anziehungspunkt, das Schloss Nordkirchen, sieht Jens von Lengerke in Nordkirchen einen besonderen Anziehungspunkt für Geschäfte.

Im kleinsten Ortsteil Capelle zeigt sich dagegen bereits, was der IHK-Experte anspricht. Die Wünsche der Capeller gehen in Richtung Grundversorgung: eine Apotheke, eine Bäckerei, eine Kneipe im Dorf. Edeka Jehle ist für den Ort extrem wichtig, wenn es um den täglichen Bedarf geht.

Das Angebot in der Gemeinde und auch den drei Ortsteilen individuell hängt unter anderem stark von der Einwohnerzahl ab. Auch deshalb hat sich die Gemeinde jahrelang stark gemacht für das neue Baugebiet Wohr, das bald an der Bahnhofstraße entsteht. „Wir müssen in den Ortsteilen die Einwohnerzahl halten - im besten Fall noch etwas steigern -, um die Infrastruktur zu halten“, macht Bürgermeister Dietmar Bergmann das Ziel der Gemeinde deutlich.

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Bei solchen Überlegungen habe die Verwaltung gerade Capelle, aber auch Südkirchen und Nordkirchen im Blick, wie Bergmann erklärt.

Seit Jahren ist die Verwaltung auf der Fachmesse „Expo Real“ in München vertreten, um Werbung für die Schlossgemeinde zu machen und im besten Fall neue Geschäfte in Nordkirchen anzusiedeln. Ein solches Beispiel: der Rossmann-Markt im Mühlenpark.

Dabei sei allerdings klar, wie knallhart größere Ketten kalkulieren, erklärt Bergmann. Bei unter 2000 Einwohnern in einem Ortsteil sei eine Ansiedlung im Großteil der Fälle von Beginn an ausgeschlossen. Deshalb sei es so wichtig, die Einwohnerzahl in Capelle über diese Schwelle zu heben, sagt Dietmar Bergmann weiter.

Weiterer Schub durch Hotel und Fortbildungszentrum?

In Nordkirchen erhofft sich die Gemeinde einen weiteren Schub durch das geplante Fortbildungszentrum für Finanzbeamte, das zusammen mit dem Hotel- und Schwimmbadneubau Am Gorbach entstehen soll.

Durch die rund 80 erwarteten zusätzlichen Arbeitsplätze in dem Hotel und den weiteren Touristen und Fortbildungsgästen werde der Einzelhandel und dadurch die Gemeinde weiter profitieren, ist sich der Verwaltungschef sicher.

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Dadurch wiederum würden sich auch die Chancen steigern, weitere Geschäfte im Ort anzusiedeln. Was die derzeitigen Leerstände an der Schloßstraße betrifft, ist die Wirtschaftsförderung der Gemeinde in viele Gespräche mit Interessenten und Vermietern im Gespräch, macht Bergmann deutlich.

An der Nachfrage liege es nicht, dass sich noch keine neue Mieter gefunden hätten. Bislang hätten die Vorstellungen der Interessenten schlicht noch nicht zu den Ladenlokalen gepasst.

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