In Capelle wird kommendes Jahr das neue Vereinsheim des Fußballvereins gebaut werden. Dabei kommt ein 3D-Drucker zum Einsatz.

In Capelle wird kommendes Jahr das neue Vereinsheim des Fußballvereins gebaut werden. Dabei kommt ein 3D-Drucker zum Einsatz. © Sophie Schober

In Capelle wird ein Haus gedruckt – mit viel Potenzial für das Baugewerbe

rnBauvorhaben

Ein 3D-Drucker im XXL-Format lässt ein Vereinsheim in Capelle entstehen. Mit Präzision und viel Planung wird der Bau vorbereitet. Nun läuft die Generalprobe auf dem Sportplatz.

Capelle

, 11.09.2022, 11:15 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es ist ein Ungetüm, das auf dem Sportplatz in Capelle steht und seinen Dienst tut. Eine große Metallkonstruktion, an den Balken, die in gut zwei Metern Höhe quer über den Boden hängen, fährt ein blauer Druckkopf entlang. In beeindruckender Geschwindigkeit trägt er Schicht für Schicht Beton auf. So lange, bis die Mauer langsam Gestalt annimmt.

„Die Revolution des Baugewerbes“

Es ist ein 3D-Drucker im XXL-Format, der dieser Tage auf dem Gelände an der Gorfeldstraße einen Testdruck macht. All das sind Vorbereitungen für ein innovatives und wichtiges Projekt für die Gemeinde Nordkirchen. Denn der Fußballverein aus Capelle soll kommendes Jahr ein neues Vereinsgebäude bekommen. Und dafür werden keine Maurer anrücken, die Stein auf Stein mauern. Sondern dann wird ein 3D-Drucker das Haus bauen.

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Mit dieser Bauweise soll die Revolution des Baugewerbes vorangetragen werden, wie Alex Bettenmann von der Firma Peri, die den Druck realisiert, sagt. Denn durch den Betondruck, wie er in Capelle zum Einsatz kommt, kann einiges an Zeit eingespart werden. „In fünf Minuten ist ein Quadratmeter Wand fertig“, sagt Bettenmann. Für das Trocknen der einzelnen Schichten geht ebenfalls keine Zeit verloren: Das dauert 15 Minuten.

Architekt Lothar Steinhoff (links) und Alex Bettenmann von der Firma Peri belgeiten das Projekt von Beginn an.

Architekt Lothar Steinhoff (links) und Alex Bettenmann von der Firma Peri belgeiten das Projekt von Beginn an. © Sophie Schober

Forschen für den perfekten Beton

Das Material, das aus dem Druckkopf kommt ist Beton. So unscheinbar der aussieht, so hoch ist der Anspruch an das Material. „Der Beton muss die perfekte Konsistenz haben, sodass er sich gut mit den unteren Schichten verbindet, aber auch recht schnell trocknet“, so Lothar Steinhoff. Der Architekt aus Nordkirchen hat den Bau im Vorfeld geplant und wohnt seit einigen Tagen auf der Baustelle, wie er scherzhaft sagt.

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Doch noch sei das perfekte Material nicht gefunden, denn nach und nach solle der Zement und damit auch der Sand aus dem Beton verschwinden. „Dann wird das Bauen klimafreundlicher“, sagt Bettenmann. Gemeinsam mit Lothar Steinhoff sucht er noch nach der perfekten Mischung.

Viel mehr Vorarbeit nötig

Lothar Steinhoff kennt auch noch eine andere Tücke des Baus. „Man kann während des Baus nichts mehr verändern. Wenn Maurer am Werk sind, dann kann nachträglich noch eine Steckdose anders platziert werden. Das geht beim Druck nicht“, so der Architekt. Daher seien die Vorarbeiten viel umfangreicher und müssen abgeschlossen sein, bevor der Drucker loslegt. Auf der anderen Seite ist der Bau mit einem Drucker weniger fehleranfällig. Denn der Fahrweg, auf dem der Drucker Schicht für Schicht den Baustoff aufbringt, ist mit einem CAD-Programm auf den Millimeter genau geplant. So müssen auch andere Gewerke wie Elektriker viel früher und umfangreicher in das Projekt integriert werden.

Mit absoluter Präzision trägt der Drucker die Schichten aus Beton auf.

Mit absoluter Präzision trägt der Drucker die Schichten aus Beton auf. Für den Testdruck in Capelle wurden so 12 Tonnen Beton verarbeitet. © Sophie Schober

Neue Technik macht Handwerk interessanter

Für die Gemeinde Nordkirchen ist der Bau und die besondere Art zu bauen ein besonderer Meilenstein. „Nachdem der Digital Campus aufgebaut wurde, ist das Bauverfahren ein weiterer wichtiger Schritt der Digitalisierung und damit ein wichtiges Zukunftsthema“, erklärt Dietmar Bergmann, Bürgermeister von Nordkirchen.

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Für die Zukunft des Bauens soll das Druckverfahren auch eine große Rolle in Sachen Fachkräfte spielen. „Durch die Technik wird das Bauen wieder viel interessanter für junge Menschen, die wir dann für das Handwerk begeistern können“, so Alex Bettenmann. Auch für Arbeitserleichterung soll der Druck sorgen. Denn die harte körperliche Arbeit wird weniger werden.

Maurer werden nicht verschwinden

Dass die Maurer aber ganz von den Baustellen verschwinden werden, das befürchtet Bauunternehmer Michael Lorenz nicht. „Es wird

auch in Zukunft gemauert werden. Auch, weil der Drucker nicht überall eingesetzt werden kann“, so der Bauunternehmer, der die Bodenplatte für das neue Vereinshaus gesponsert hat. Wo viel Platz ist, könne der Drucker eingesetzt werden, aber in Baulücken wird das nicht möglich sein. Hinzukommen die deutlich höheren Kosten.

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„Im Vergleich zum konventionellen Bau kostet der Druck-Bau 20 Prozent mehr“, so Lothar Steinhoff. Der Bau des neuen Vereinsgebäudes für den SC Capelle 71 wird mehr als 975.000 Euro kosten, so der Architekt. Doch allein muss die Stadt die Kosten nicht tragen. 330.000 Euro gibt es als Förderung aus Landesmitteln. Das Gebäude mit 380 Quadratmetern Fläche wird durch den Drucker in neun Tagen stehen, plant Architekt Lothar Steinhoff.

Ein Maschinenbauer von Peri verfolgt die Fahrt des Druckers.

Ein Maschinenbauer von Peri verfolgt die Fahrt des Druckers. © Sophie Schober

Nicht erstes gedrucktes Haus in der Region

Während in Capelle das erste Haus gedruckt wird, steht einige Kilometer weiter bereits ein Haus aus dem 3D-Drucker. „Wir haben in Beckum das erste Wohnhaus in Deutschland gebaut, das eine Zulassung erhalten hat“, erzählt Alex Bettenmann. Bisher hat die Firma Peri sechs Bauvorhaben aus dem 3D-Drucker in Deutschland, Österreich und den USA realisiert. Dabei kooperiert das Unternehmen aus Weißenhorn bei Neu-Ulm mit einem dänischen Start-up, das die 3D-Drucker fertigt.

Für den Druck in Capelle, der kommendes Jahr startet, wird dann der größte Drucker aufgebaut, mit dem die Firma je gearbeitet hat. „Der Drucker ist 25 mal 15 Meter breit und zehn Meter hoch“, so Lothar Steinhoff.