Am 6. Mai geht es los: Erst mit dem Flugzeug nach Spitzbergen, der nördlichsten bewohnten Inselgruppe in Norwegen, dann mit einem Forschungsschiff ins Polarmeer. Der Nordkirchenerin Theresa Mathes steht eine sechswöchige spannende Expedition bevor. Neben einer Menge an Messgeräten, Überlebensanzügen und anderem Equipment wird dabei auch ein Stück Stoff aus der Heimat in ihrem Gepäck stecken: Eine Fahne mit dem Logo der Gemeinde Nordkirchen wird sie zum Nordpol begleiten.
Theresa Mathes hat nach dem Abi am Städtischen Gymnasium in Selm Geographie in Bonn studiert. Danach hat sie unter anderem bei der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz über Luftreinhaltung geforscht. Feinstaub von Kreuzfahrtschiffen oder Abgase von Binnenschiffen auf dem Rhein hat Mathes schon untersucht. Auch am Kanal in Vinnum hängt derzeit eine Abgasmessanlage für ihre Untersuchungen. Doch nun wartet die bislang spannendste Forschungsreise auf die 27-Jährige. Für die Technische Universität Berlin nimmt sie an einer internationalen Expedition in die Arktis teil.
An Bord des schwedischen Eisbrechers Oden wird sie Ultrafeinstaubmessungen im arktischen Ozean durchführen. Mathes untersucht, welche und wie viele „sehr sehr feine Partikel“ in der Atmosphäre dort schweben und welchen Einfluss sie auf die Eisschmelze in der Arktis haben, erklärt die Nordkirchenerin Bürgermeister Dietmar Bergmann bei einem Besuch im Rathaus vor der Abreise.
Messungen auf dem Eis
„Ich darf auch Messungen auf dem Eis machen“, erzählt Theresa Mathes. Eine große Menge Messgeräte hat sie bereits nach Schweden gebracht und auf den Eisbrecher geladen. Dabei ist auch ein Gerät mit einem etwa 1,5 Meter hohen Mast. Dafür hat sich Theresa Mathes eine Nordkirchen-Fahne mitgenommen. Sie soll an dem Messgerät flattern und Heimatgefühle mit ins Eis transportieren.

Denn wenn es am 6. Mai losgeht, liegen sechseinhalb Wochen im Polarmeer vor der Nordkirchenerin. Ein arktischer Sommer, in dem es 24 Stunden hell bleibt, sechs Wochen ohne Telefon und Internet. Forscher aus elf Nationen fahren auf dem Eisbrecher Oden auf der „Art of Melt Arktis-Expedition“ mit. Sie wohnen in Vier-Bett-Kabinen. Eng wird es werden, „ein bisschen Jugendherbergs-Feeling“, sagt Theresa Mathes.
Die stressige Zeit der Vorbereitung und des Packens und mit Probeläufen der Messinstrumente liegen nämlich schon hinter ihr. Beim Beladen hat sie schon eine Woche auf dem Eisbrecher verbracht. „Ich habe alles zweimal mit“, erzählt Theresa Mathes. Ersatzteile sind im Arktischen Ozean schwer zu bekommen. Jetzt wartet sie darauf, dass die besondere Expedition für sie losgeht. Ihr Ziel: das Polarmeer zwischen Spitzbergen, Grönland und dem Nordpol.
Eisbrecher sucht Warmluftströme
Wohin genau der Eisbrecher fährt, steht noch nicht fest. Die Route wird je nach Wettervorhersagen gesteuert, erklärt Theresa Mathes. Die Forscher suchen Warmluftströme aus dem Süden, die jetzt im Frühling in die Arktis strömen und dort das Schmelzen des Eises auslösen. Mathes will erforschen, welchen Einfluss Emissionen und die winzig kleine Partikel in der Atmosphäre auf diesen Schmelzprozess haben.
Lagern sich etwa Rußpartikel auf Eis und Schnee ab, verringern sie die Reflexion der Sonneneinstrahlung, erklärt die Geologin. So wird das Schmelzen des Eises vorangetrieben. Durch die Partikel entstehen auch Wolken, die je nach Höhe zu einer Kühlung führen, weil sie Sonnenstrahlen reflektieren. Oder sie können zur Erwärmung führen, wenn sie Wärmestrahlung zum Boden zurück schicken, erklärt Mathes. Durch die Messungen und Experimente hoffen die Forscher, die Mechanismen und Zusammenhänge zwischen Feinstäuben und Eisschmelze besser zu verstehen.
„Nicht so kalt, wie man denkt“
So richtig eisiges Wetter erwartet Theresa Mathes nahe dem Nordpol auch nicht. „Es ist gar nicht so kalt wie man denkt“, sagt die 27-Jährige. Etwa minus 10 bis 0 Grad erwartet sie. Die Oden ist ja auf der Suche nach dem jährlichen Beginn der Eisschmelze. Die größte Gefahr bei der Expedition sind die Eisbären. Deshalb dürfe auch niemand ohne Eisbärenwächter aufs Eis, erzählt die Nordkirchenerin. Trotzdem hofft sie, die Tiere zu Gesicht zu bekommen.
Wenn sie im Juni aus dem Polarmeer zurückkehrt, wird sie die gesammelten Daten auswerten und daraus in Berlin ihre Doktorarbeit schreiben. Drei Jahre soll das dauern. Eine solche Expedition erleben nicht viele Forscher in ihrer Wissenschaftler-Karriere. „Das ist schon etwas Besonderes“, freut sich die 27-Jährige. „Ich denke, man wird nicht mehr lange sagen können: Ich war im arktischen Sommer im Eis.“
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