Zum Bierbrauen zu Besuch in der Bergmann-Brauerei

Hinter den Kulissen

Als Dortmunder ist Redakteur Markus Trümper seit seiner Kindheit von Brauereien umgeben. In Lütgendortmund aufgewachsen begleitete ihn der Malzgeruch der damaligen Brinkhoffs-Brauerei schon auf dem Grundschulweg. Sein „TraumTermin“ führt ihn deshalb hinter die Kulissen echter Hopfenexperten, um genau zu sein: in das Innerere der Bergmann-Brauerei in Dortmund-Hörde.

DORTMUND

, 02.12.2017, 05:30 Uhr / Lesedauer: 4 min
Marcel Koch weist Redakteur Markus Trümper in die Kunst des Brauens ein.

Marcel Koch weist Redakteur Markus Trümper in die Kunst des Brauens ein. © Stephan Schuetze

Was für den Franzosen der Vigneron ist, ist für den Dortmunder der Bierbrauer. Ein Mann, der durch das Mischen eigentlich simpler Zutaten ein vielfältiges Produkt schafft, das Menschen auf der ganzen Welt begeistert – und genau dieses Produkt möchte ich einmal selbst herstellen.

Um 7 Uhr morgens stehe ich an der neuen Pforte der Bergmann-Brauerei, die seit September am Elias-Bahn-Weg residiert, nur wenige Meter vom stählernen Koloss Phoenix-Wests entfernt. Das rustikale Monstrum erinnert mit seinem Industrie-Charme an das Handwerk vergangener Tage. In der Bergmann-Brauerei erwacht ein altes Handwerk wieder zum Leben – durch die Hand eines jungen Mannes. Marcel Koch ist gerade mal 26 Jahre alt und der Brauer des Dortmunder Traditionsunternehmens.

Er empfängt mich an der Tür, um mich mit in seine ganz private Welt voller Malz und Hopfen zu nehmen. „Das ist das Tolle bei uns. Ich kann hier wirklich kreativ und eigenständig arbeiten. Das macht unglaublich Spaß“, sagt der Brauer, der sich nach fünf Semestern in einem Chemie-Lebensmittel-Studium für eine Brau-Ausbildung entschieden hat. Seit rund einem Jahr steht er jetzt an den Bergmann-Bottichen und drückt dem Dortmunder Bier seinen eigenen Stempel auf.

Geheimes Rezept bleibt auch geheim

Auch ich möchte das heute versuchen. Also steigen wir gleich in den Brauprozess ein. Nachdem wir die Wasserkessel auf die richtige Temperatur gebracht haben, bringen wir zahlreiche Malzsäcke in die kleine Brauerei. Wie viele, kann ich an dieser Stelle nicht sagen, denn das würde natürlich zu tief in das Rezept des Brauers blicken lassen. Das eigentliche Brauen beginnt dann in der sogenannten Maischpfanne.

Zu 1300 Litern 60 Grad Celsius heißem Wasser kommt das helle Malz-Schrot. Sack für Sack verschwindet das Korn in dem riesigen silberfarbenen Bottich. Durch die Rotation eines großen Rührwerks entsteht eine zähe Masse, die mich an Haferbrei erinnert. Während wir die Zutaten mit unseren Händen hinzugeben, können Temperatur und Wasserverläufe über ein Touchpult gesteuert werden. Temperaturerhöhungen, das Pumpen in den nächsten Behälter, alles nur eine Fingerberührung entfernt.

Die einzelnen Schritte halten wir in einem Protokoll fest. Uhrzeit, Temperatur, Stammwürze. Alles wird genau notiert. Die Stammwürze beschreibt dabei die Gesamtheit aller gelösten Stoffe im Wasser im Vergleich zum Gesamtgewicht. Diese besteht hauptsächlich aus Zucker, da die Stärke des Korns durch die Hitze in Einfachzuckerketten umgewandelt wird. Der Rest ist Hopfen. „Beim Gärungsprozess wird der Zucker dann zu gleichen Teilen in Alkohol und CO2 aufgespalten. Von unserer Stammwürze hängt also auch der Alkoholgehalt ab“, erklärt der 26-jährige Experte.

Heiße Mischung und viel Geduld

Der Raum hat sich inzwischen mit Dampf gefüllt. Leichter Schaum liegt auf dem zukünftigen Bier. Mittlerweile ist es 8.55 Uhr. Die Temperatur der Malz-Wassermischung liegt bei 72 Grad. Wir schöpfen eine kleine Menge ab, um eine Jodprobe durchzuführen. Ist noch Stärke in unserem Sud, färbt sie sich in Reaktion mit dem Jod schwarz. Noch finden wir schwarze Stellen. Wir müssen weiter maischen, bis sich alle Stärkepartikel in Zuckermoleküle verwandelt haben.

Um 9.51 Uhr ist es geschafft. Wir legen ein paar Hebel um, lassen die Finger über das Touchpad gleiten, und wenige Momente später sinkt der Pegelstand der Maischepfanne. Die zähe Flüssigkeit wird in den direkt daneben stehenden Läuterbottich gepumpt. Das große darin befindliche Hackwerk lockert die Masse weiter auf. Eine viertel Stunde später beginnt dann der eigentliche Läuterungsprozess. Dabei wird die Flüssigkeit wieder abgepumpt und landet in der Würzpfanne. Die festen Bestandteile bleiben zurück. „Das ist der sogenannte Treber. Aber auch dafür haben wir eine Verwendung. Den bekommt ein Landwirt für seine Kühe“, sagt Koch.

In der Würzpfanne wird der Sud weiter bearbeitet, um auf die gewünschte Stammwürze zu kommen. Dazu waschen wir den Treber weiter mit heißem Wasser aus und pumpen die Flüssigkeit zum restlichen Sud in die Würzpfanne. Zwischendurch füllen wir immer wieder kleine Mengen ab und gehen in das Minilabor von Marcel Koch.

Noch zu viel Zucker im Bier

Mit einem Ärometer, auch Senkwaage genannt, können wir die Dichte und somit den Zuckergehalt des Sudes bestimmen. Je niedriger der Prozentanteil des Zuckers im Sud ist, desto weiter sinkt das gläserne Messgerät ab. Wir liegen momentan bei 18,4 Prozent. Da wir auf zwölf kommen wollen, müssen wir den Treber weiter mit heißem Wasser auswaschen. 2000 Liter Bier mit einem Alkoholgehalt von fünf Prozent sollen am Ende dabei rauskommen. „Deswegen muss man vorher genau berechnen, wie das Verhältnis zwischen Malz und Wasser sein muss“, erklärt Koch.

Berechnen müssen wir nun auch die Menge der Hopfenzugabe. Die grünen Knollen sind für die Bitterkeit und das Aroma des Bieres verantwortlich. Wir gehen in Kochs Büro. Für die Rechnung hat er eine Excel-Tabelle vorbereitet. Wir tragen verschiedene Parameter ein und erhalten so die notwendigen Grammzahlen. Je nachdem, ob es ein Export, ein Pils oder auch ein Dunkelbier werden soll, stehen verschiedene Sorten zur Auswahl, um den gewünschten Geschmack zu erzielen.

Wir wollen am Ende bei einem Pils landen und brauchen dafür nach unserer Rechnung drei Kilo Hopfen von drei verschiedenen Sorten. Wieder zurück in der Brauerei können wir die erste Sorte gleich in die Würzpfanne geben. Die anderen folgen im weiteren Brauprozess.

Fingerspitzengefühl wird benötigt

Mit dem Hopfen legt sich ein neuer Geruch in die Luft. Immer wieder nehmen wir Proben, Messen die Dichte, geben Wasser auf den Treber. Dafür benötigen wir viel Fingerspitzengefühl. Denn während in großen Brauereien alles automatisiert ist, ist das in der Bergmann-Brauerei Handarbeit. „Deswegen schmeckt bei uns das Bier auch nicht immer genau gleich. Dafür haben wir hier viel Raum für Kreativität.“

Um halb zwei ist der Großteil unserer Arbeit erledigt. Die gewünschte Stammwürze ist erreicht, der Treber aus dem Läuterbottich entfernt. Nachdem der Kochprozess gänzlich abgeschlossen ist, wird die Würze gekühlt und landet im Gärtank. Dort wird die Hefe dazugegeben, um den Gärungsprozess in Gang zu setzen. Hier muss das Bier noch vier Wochen reifen, bis es seinen Weg in die Fässer und anschließend in die Dortmunder Gastronomien findet.

Seitdem die Bergmänner ihren Sitz in Hörde haben, kann der Gerstensaft auch direkt in der Brauerei getrunken werden. Denn nur einen Raum neben den Kesseln steht eine riesige Stehbierhalle, in der das frischgebraute Hopfengold gleich durch die Hähne fließt. In vier Wochen wird dann auch mein Brauexperiment in die Gläser sprudeln. Spätestens dann werde ich auch in der der Stehbierhalle anstoßen.