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Zahl der Corona-Fälle steigt in extreme Höhen – aber zentrale Faktoren stimmen optimistisch
Coronavirus
Die Corona-Lage ist verwirrend. Die Zahl neuer Corona-Fälle steigt mit Omikron in extreme Höhen. Zugleich deuten zentrale Faktoren auf eine Entspannung hin – auch bei Deutschlands Nachbarn.
Angesichts der mit Omikron in die Höhe schnellenden Zahl neuer Infektionsfälle kann einem schon Angst und Bange werden. Und doch stecken in den aktuellen Daten jede Menge Punkte, die Hoffnung machen.
Auf den ersten Blick sieht dabei natürlich alles katastrophal aus. Mit sehr wenigen Ausnahmen sind in ganz Europa auch in der vergangenen Woche wieder die Fallzahlen auf bisher nie gekannte Höhen gestiegen. Das gilt auch für Deutschland.
Zwischen dem 11. und 17. Januar infizierten sich in Deutschland 464.431 Menschen mit dem Coronavirus. Das ist fast eine Verdoppelung der Fallzahlen gegenüber der Vorwoche. Zugleich sind es fast 300.000 mehr Infektionsfälle innerhalb einer Woche als in der bisher schlimmsten Phase der Pandemie, die wir genau vor einem Jahr erlebten. Das wäre extrem schlimm – wenn sich die Lage heute nicht ganz anders darstellen würde.
Vor einem Jahr erreichte die Pandemie in der zweiten Welle in der Woche vom 14. bis 21. Dezember mit 173.574 Neuinfektionen ihren Höhepunkt. Zwei Wochen später wurde am 4. Januar 2021 mit 5.744 Covid-19-Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen der bis heute höchste in der Corona-gemessene Wert gemessen.
Inzwischen sind aber 72,7 Prozent der Menschen vollständig geimpft und 47,1 Prozent geboostert. Zugleich scheint sich zu bestätigen, dass die Omikron-Variante längst nicht so schwere Erkrankungen auslöst wie ihre Vorgänger.
Die eigentlich zu erwartende Entwicklung tritt nicht ein
Die Fallzahlen steigen in Deutschland seit Weihnachten stark an. Die Sieben-Tages-Inzidenz lag beispielsweise am 29. Dezember bei 205,5. Seither geht es auf aktuell 528,2 steil nach oben.
Da wären eigentlich steigende Fallzahlen in den Krankenhäusern zu erwarten gewesen. Doch die Zahlen stagnieren. Lag die Hospitalisierungs-Inzidenz (Einweisungen von Covid-Kranken in eine Klinik pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen) am 29. Dezember 2021 noch bei 3,18, liegt der Wert heute bei 3,14. Am 29. Dezember waren 19 Prozent aller Intensivbetten mit Corvid-Kranken belegt, heute sind es nur noch 12,3 Prozent. Und die Zahl der Intensivbetten, die von Covid-Patientinnen und Patienten belegt sind, sinkt seit Mitte Dezember.
Auch die Entwicklung bei der Zahl der Menschen, die an oder mit einer Corona-Infektion gestorben sind, macht Mut. Vor einem Jahr war die Zahl der Coronatoten zwei Wochen nach dem Höchststand bei den Infektionen auch auf den bis heute unübertroffenen Höchststand von 6.112 Corona-Toten innerhalb einer Woche gestiegen. In diesem Winter sinkt dagegen die Zahl der Corona-Toten seit Mitte Dezember.
All das stimmt durchaus optimistisch. Das gilt auch, wenn man einen Blick auf die Europa-Karte wirft. Zwar ist in den allermeisten Ländern Europas die 7-Tage-Inzidenz weiter gestiegen, aber: Das Tempo schwächt sich in vielen Ländern ab. Das gilt auch für Deutschland.
So stieg die Sieben-Tages-Inzidenz zwischen dem 10. und 11. Januar zwar um 40,6 Prozent. In der Woche davor betrug die Steigerung allerdings noch 45,3 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich beispielsweise auch in Frankreich (Steigerung vergangene Woche: 10,9 Prozent, in der Woche davor noch 47,7 Prozent) oder den Niederlanden (27,4 Prozent aktuell gegenüber 56,7 Prozent in der Vorwoche) feststellen.
In einigen Ländern sinken die Inzidenzen wieder deutlich
Inzwischen gibt es schon Länder, in denen die Inzidenzen wieder sinken. Das krasseste Beispiel dafür ist Großbritannien. Dort sank die Inzidenz innerhalb einer Woche um 94,4 Prozent von 1.824,9 auf jetzt 1.093,1. Die Omikron-Welle befindet sich hier also schon wieder auf dem Rückzug.
Diese Entwicklung könnte darauf hindeuten, dass in einigen Wochen die Corona-Fallzahlen wieder genauso schnell sinken wie sie derzeit noch steigen. Wenn Deutschland diese Phase ohne eine Überlastung des Gesundheitssystems übersteht, sind die Perspektiven für Lockerungen, wenn das Frühjahr kommt, gut. Das dürfte allerdings weiterhin vor allem für Geimpfte gelten. Für Ungeimpfte dagegen dürfte es noch länger besondere Schutz-Vorschriften geben.
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
