22 Jahre trennen Tschaikowskis Einakter „Iolanta“ und Strawinskys nur 45-minütige Andersen-Märchenoper „Le Rossignol“ (Die Nachtigall) voneinander. Das Musiktheater im Revier hat beide Stücke – das Erste lyrisch-romantisch und auf Russisch gesungen, das Zweite expressionistisch und französischsprachig – zusammengespannt. Die Doppel-Premiere am Samstag wurde sehr positiv aufgenommen.
Die Kopplung der Werke hat durchaus etwas für sich, geht es doch in beiden um die Themen Gefangenschaft und Freiheit, Natürlichkeit und Künstlichkeit, Leben und Tod. Dies betrifft hier zunächst die in einem Paradiesgarten eingesperrte blinde Königstochter Iolanta, dann die an den chinesischen Kaiserhof gebrachte und dort durch einen künstlichen Vogel ersetzte Nachtigall.

In Gelsenkirchen dienen Julia Schnittgers hohe, graue, die Bühne umschließende Wände als szenische Klammer. Etwas gesuchter ist, dass Iolantas Dienerin Brigitta auch in die Strawinsky-Oper eingeführt wird, wo sie das Geschehen als Traum deutet. Für die Inszenierungen selbst gibt es zwei Regisseure.
Tanyel Sahika-Bakir setzt in „Iolanta“ auf den Kontrast zwischen dem grünen Gefängnis der Titelheldin und der ebenso begrenzten, von Scharfschützen bewachten nächstgrößeren Welt ihres despotischen Vaters König René.
Das homogene Solistenensemble führen Heejin Kim als betörende Titelheldin, Khanyiso Gwenxane als ihr Ritter / Retter sowie Simon Stricker mit seiner inbrünstigen Liebesarie an.
Fantasievolle Märchenoper
Kristina Franz deutet „Le Rossignol“ als bunte, fantasievoll bebilderte Märchenoper unter Einbeziehung dreier Puppenspieler. Lisa Mostin bewältigt die fordernde Nachtigallenpartie mit Bravour. Als Fischer begeistert Adam Temple-Smith.
Rasmus Baumann lässt die Neue Philharmonie Westfalen bei Tschaikowski romantisch schwelgen und bei Strawinsky in sehr differenzierter Farbigkeit erstrahlen.
Weitere Aufführungen
Termine: 3. / 7. / 9. / 17. / 29. 3., 13. / 21. 4.; Karten: Tel. (0209) 409 72 00.
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