Von Dohnanyi boykottiert Ungarische Staatsoper
Der deutsche Dirigent Christoph von Dohnanyi hat einen Gastauftritt an der Ungarischen Staatsoper abgesagt - aus Protest gegen die jüngste Ernennung Rechtsradikaler an die Spitze des Budapester Theaters Uj Szinhaz.
Dohnanyi, der selbst ungarische Wurzeln hat, habe der Oper mitgeteilt, dass er nicht in einer Stadt auftreten wolle, «deren Oberbürgermeister die Führung eines Theaters zwei bekannten rechtsradikalen Antisemiten anvertraut hat», berichtete die ungarische Nachrichtenagentur MTI am Freitag.
Gegen die umstrittenen Ernennungen an die Spitze des Uj Szinhaz haben bereits zahlreiche Künstler aus Ungarn und aus dem Ausland protestiert. Vor gut zwei Wochen hatte der Budapester Oberbürgermeister Istvan Tarlos den bekennenden Antisemiten Istvan Csurka und dessen Gesinnungsgenossen György Dörner an die Spitze des bislang liberalen Budapester Uj Szinhaz (Neues Theater) ernannt.
Csurka, der die Bühne als Intendant leiten soll, ist auch Dramatiker und Vorsitzender der außerparlamentarischen, rechtsextremen Partei MIEP. Der künftige Direktor Dörner ist Schauspieler. In seiner Bewerbung um das Amt hatte er der «entarteten, krankhaften liberalen Hegemonie» im Theaterbetrieb den Kampf angesagt. Er wolle «das unter dem sozialliberalen Joch ächzende Ungarntum» befreien, sagte er. Das Mandat des Duos Dörner und Csurka soll im Februar 2012 beginnen.
Die Opernleitung erklärte, sie erwäge die Möglichkeit, von Dohnanyi auf Schadensersatz zu verklagen. Dohnanyi, bis zum Sommer Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters, hätte am 28. und 29. Oktober an der Budapester Oper das Deutsche Requiem von Johannes Brahms dirigieren sollen. Nun soll das Requiem von Giuseppe Verdi aufgeführt werden, unter dem Taktstock des rumänischen Dirigenten Ion Marin.