Explosion im Chempark Leverkusen: Polizei startet bald mit Untersuchungen

Unfall

Bei der Explosion im Tanklager im Leverkusener Chempark sind mindestens zwei Menschen gestorben. Noch immer läuft die Suche nach Vermissten. Die Polizei startet morgen mit Untersuchungen.

Leverkusen

28.07.2021, 05:45 Uhr / Lesedauer: 3 min
Die Vermisstensuche im Chempark gestaltet sich kompliziert.

Die Vermisstensuche im Chempark gestaltet sich kompliziert. © picture alliance/dpa

Nach der Explosion in einer Müllverbrennungsanlage im Chempark Leverkusen wird weiter nach den Vermissten gesucht. Bei dem Unglück waren nach Angaben des Betreibers vom Dienstagabend 31 Menschen verletzt worden, einer davon lebensgefährlich. Mindestens zwei Menschen starben, fünf Beschäftigte werden nach wie vor vermisst.

Die Stadt hält die Bürger wegen niedergegangener Rußpartikel weiter zur Vorsicht an. Noch gebe es keine genauen Analyseergebnisse des Landesumweltamtes (LANUV) zu den beobachteten Stoffen. An Orten, an denen nach dem Unglück Rußniederschläge zu verzeichnen waren, sollen Leverkusener demnach vorsorglich kein Obst oder Gemüse aus dem Garten essen. Auch betroffene Gartenmöbel oder Pools seien besser zu meiden. Wer dringend im Garten arbeiten müsse, sollte dabei vorsorglich Handschuhe tragen. „Bitte keinen Ruß mit in die Wohnung tragen, das heißt die Schuhe ausziehen und vor der Haustür lassen“, hieß es in dem Aufruf der Stadt.

Spielplätze bleiben weiter geschlossen

Nach Angaben der Stadt waren nach der Detonation und der anschließenden Rauchwolke „cent- bis eurogroße Partikel“ mit einer öligen Konsistenz registriert worden - vor allem im nahen Stadtteil Bürrig. Das Landesumweltamt (LANUV) habe die Niederschläge begutachtet und sei in der Analyse. Ergebnisse seien allerdings nicht vor Donnerstag zu erwarten. Daher bleiben auch weiterhin die Spielplätze in den - nahe am Explosionsort gelegenen - Stadtteilen Bürrig und Opladen gesperrt, wie die Stadtsprecherin sagte. Fenster könnten aber wieder geöffnet werden. Die Warnung sei aufgehoben.

Die Polizei will am Donnerstag mit Untersuchungen am Unglücksort beginnen. Geplant sei eine erste Begehung mit einem Sachverständigen und Verantwortlichen des betroffenen Leverkusener Chemparks, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch. Aktuell stehe noch die Suche nach vermissten Mitarbeitern im Vordergrund.

„Leider schwindet die Hoffnung, sie lebend zu finden, zusehends“, hatte Chempark-Leiter Lars Friedrich bereits am Dienstagabend gesagt. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des Chemparks am Mittwochmorgen. Mit zunehmender Dauer und auch zunehmender Annäherung der Einsatzkräfte an den Brandherd verringere sich die Wahrscheinlichkeit, Überlebende zu finden.

Feuerwehr: Suche wird noch länger dauern

Nach Einschätzung der Feuerwehr könnte die Suche aber noch länger dauern. „Es ist die ganze Nacht gesucht worden und nachgelöscht worden und das wird heute im Laufe des Tages fortgesetzt“, sagte der Leiter der Leverkusener Feuerwehr, Hermann Greven, in einem Interview von WDR2 am Mittwochmorgen. „Bis da endgültig Klarheit herrscht, wird es noch dauern“, fügte er hinzu. Von der Einsatzstelle gehe im Moment keine Gefahr aus. Rund 360 Einsatzkräfte seien nach der Explosion und dem Brand im Laufe des Tages im Einsatz gewesen.

„Es hat sich um eine heftige Detonation gehandelt, die zu einer großen Schadenslage geführt hat“, verdeutlichte der Sprecher. Beim Löschen sei zudem Schaum zum Einsatz gekommen. Deshalb sei dieser Bereich unübersichtlich. Das erschwere auch die Suche nach den Vermissten.

Die gewaltige Explosion, die Zeugen zufolge im Umkreis von gut zehn Kilometern zu hören war, ereignete sich nach Angaben des Betreibers im Tanklager des Entsorgungszentrums Bürrig.

Die gewaltige Explosion, die Zeugen zufolge im Umkreis von gut zehn Kilometern zu hören war, ereignete sich nach Angaben des Betreibers im Tanklager des Entsorgungszentrums Bürrig. © picture alliance/dpa

Die gewaltige Explosion, die Zeugen zufolge im Umkreis von gut zehn Kilometern zu hören war, ereignete sich nach Angaben des Betreibers im Tanklager des Entsorgungszentrums Bürrig. Die Ursache war zunächst unklar. Eine gewaltige Rauchwolke stieg auf. Die Erschütterung war derart heftig, dass sogar mehrere Stationen des Geologischen Dienstes Nordrhein-Westfalen sie maßen. Unter anderem wurde sie an einer Station in rund 40 Kilometer Entfernung registriert.

Nach der Explosion brannte das Tanklager mit Lösungsmitteln stundenlang, ehe das Feuer am Mittag unter Kontrolle und weitgehend gelöscht war. „Die Löscharbeiten mussten warten, bis eine Stromleitung vom Netz getrennt war“, erklärte die Stadt. Sogar die Feuerwehr im rund 60 Kilometer entfernten Dortmund warnte vor möglichen Geruchsbelästigungen.

Reul: Es bestand bei einem weiteren Tank Explosionsgefahr

Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) bestand bei einem zweiten Tank Explosionsgefahr. Der Tank habe 100 000 Liter hochentzündliche, giftige Abfallstoffe enthalten, sagte Reul. Die Feuerwehr habe die Gefahr aber bannen können. Nach Reuls Angaben waren allein 300 Feuerwehrleute im Einsatz.

Anwohner waren aufgefordert worden, geschlossene Räume aufzusuchen sowie Fenster und Türen geschlossen zu halten. Erst am Nachmittag hob Leverkusen die Warnung für die meisten Stadtteile wieder auf - nur im besonders betroffenen Stadtteil Bürrig galt sie weiterhin. Wegen des möglichen Schadstoffausstoßes wurden Anwohner zudem vor dem Verzehr von Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten gewarnt.

„Es gibt Meldungen zu Rußablagerungen“, sagte Landesgesundheitsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch). Eine genauere Einschätzung sei erst Ende der Woche möglich.

Der Chempark ist nach Unternehmensangaben einer der größten Chemieparks Europas. An den drei Standorten Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen sind über 70 Firmen angesiedelt.

dpa