Heute ist von dem unterirdischen Bauwerk unter dem Kartoffelacker an der Pannemannstraße fast nichts zu sehen – bis auf das Betriebsgebäude der BEW.

Heute ist von dem unterirdischen Bauwerk unter dem Kartoffelacker an der Pannemannstraße fast nichts zu sehen – bis auf das Betriebsgebäude der BEW. © Sven Betz

Unter diesem Bocholter Acker lagert Erdgas

rnUkraine-Krieg

Seit dem Ukrainekrieg und dem drohenden Versorgungsengpass von russischem Gas stehen Gasspeicher in Deutschland wieder im Fokus. In Mussum gibt es so einen, betrieben von der BEW.

von Jochen Krühler

Mussum

, 04.07.2022, 15:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es ist ein ganz normaler Acker in Mussum neben dem Industriepark. Kartoffeln wachsen hier heran und kaum etwas an diesem Feld an der Pannemannstraße weist darauf hin, dass dieser Acker doch nicht so normal ist, wie er scheint. Denn: In seinem Untergrund fließt Gas. In etwa zwei Metern Tiefe betreibt die Bocholter Energie- und Wasserversorgung (BEW) einen Erdgas-Röhrenspeicher.

2007 ließ die BEW das rund 9000 Quadratmeter große Gelände ausbaggern. Anschließend wurden dort Röhren mit einem Innendurchmesser von 1,2 Metern und einer Wandstärke von rund 2 Zentimetern in den Boden eingebaut. Jede Röhre ist 180 Meter lang – und gleich 17 Stück davon verlaufen parallel in einer Tiefe von 2,25 Metern im Boden.

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Nach acht Monaten Bauzeit war der Erdgas-Röhrenspeicher im Oktober 2007 fertig. Das Erdreich war wieder verfüllt worden – und an der Oberfläche nur noch wie zuvor der Acker zu sehen. Lediglich ein Betriebsgebäude etwas weiter hinten auf dem Feld lässt erahnen, dass hier an der Pannemannstraße eine Versorgungsanlage liegt, für die die BEW einst 5,6 Millionen Euro investiert hat.

Kein klassischer Gasspeicher

Seit dem Ukrainekrieg und dem drohenden Versorgungsengpass von russischem Gas stehen Gasspeicher in Deutschland wieder im Fokus. Doch die unterirdische Anlage an der Pannemannstraße ist eigentlich kein klassischer Gasspeicher, teilt BEW-Sprecher Rainer Wielinski auf Anfrage des BBV mit.

Zwar können die 17 miteinander verbundenen Röhren der Gesamtanlage bei einem Druck von 90 bar 345.000 Kubikmeter oder vier Millionen Kilowattstunden Erdgas speichern. Doch trotz der für den Laien hohen Zahlen ist das Speichervolumen eher beschränkt. „Das hört sich nach viel an, entspricht an kalten Wintertagen allerdings nur dem Bedarf von etwa zwei Heiztagen“, erklärt Wielinski.

Das Gas aus dem Acker in Mussum wäre also ziemlich schnell verheizt. Allein daraus lasse sich schon erkennen, dass die Anlage eigentlich für etwas anderes geplant wurde, so der BEW-Sprecher. Es handele sich nämlich nicht um einen klassischen Gasspeicher, sondern um eine Anlage zur Optimierung des Netzbetriebs. Die Anlage soll für die BEW vorrangig teure Spitzenbezugswerte vermeiden. Sie sei Teil des vorhandenen Gasverteilnetzes der BEW, so Wielinski. Lediglich kleinere Mengen Gas könnten hier zwischenzeitig gespeichert werden.

Ziel war es beim Bau, beim Einkauf von Gas zu sparen

Beim Bau des Erdgasspeichers war es 2007 das Ziel der BEW, jährlich mehrere Hunderttausend Euro beim Einkauf von Gas zu sparen. Der damalige BEW-Chef Werner Vogel erläuterte beim Bau der Röhrenanlage seinerzeit: Die Gaslieferanten der BEW würden nicht nur nach der abgenommenen Menge bezahlt, sondern auch nach der so genannten Tageshöchstmenge.

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Obwohl dieser Wert die Höchstmenge an nur einem Tag darstelle, würden die Gaslieferanten so abrechnen, als ob die BEW diese Höchstmenge das ganze Jahr über bezogen hätte. Das würde den Gaseinkauf für die BEW besonders an kalten Tagen verteuern. Der Erdgas-Röhrenspeicher erlaube es, anstelle der Tageshöchstmenge mit einer Stundenhöchstmenge zu rechnen, da bei Bedarf jederzeit Gas aus dem Speicher zugefüllt werden könne und so extreme Leistungsspitzen vermieden würden.

Auch wenn das Fassungsvermögen des Erdgas-Röhrenspeichers aus heutiger Sicht eher klein ist – er fasst das 23-fache dessen, was der 1951 gebaute und 1956 auf 15.000 Kubikmeter erweiterte Gaskessel an der Industriestraße einst an Kapazität aufnehmen konnte. Der Gaskessel wurde 1986 abgerissen.

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