Umjubelte Uraufführung von "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser"

Theater Münster

Ein Meer weißer Stühle bevölkert den Raum. Stumm aufgereiht wie eine Armee, gleichförmig, kühl und funktional füllen sie in schier unendlichen Reihen die Bühne für die Uraufführung von „Fräulein Hallo und der Bauernkaiser“. Am Freitag feierte das Stück eine umjubelte Premiere im Kleinen Haus des Theaters Münster.

MÜNSTER

, 13.04.2014, 14:21 Uhr / Lesedauer: 2 min
Dennis Laubenthal, Gerhard Mohr und Julia Stefanie Möller in "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser".

Dennis Laubenthal, Gerhard Mohr und Julia Stefanie Möller in "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser".

Die nächsten Termine: Am 17. und 23. April, am 3. und 16. Mai, am 6. und 13. Juni, jeweils um 19.30 Uhr im Kleinen Haus. Karten gibt es beim Theater Münster, Neubrückenstraße 8-11, Telefon (0251) 5909-100.

Die Bühnenfassung von Regisseur Max Claessen folgt durchweg einer monologischen Struktur. Frontal an die Zuschauer gewandt schlüpfen Dennis Laubenthal, Julia Stefanie Möller, Gerhard Mohr, Florian Steffens und Carolin Wirth in die Rollen gesellschaftlicher Randfiguren. Sie berichten von Gewalt, Unterdrückung und Gleichmacherei. Nur selten entsteht dabei ein echter Dialog zweier Menschen. Dennoch folgt das präzise Zusammenspiel der Mimen einer stringenten Logik, die nicht mit Symbolik geizt. Schon zu Beginn setzt Claessen auf das Morbide. Zwei Totenrufer (Dennis Laubenthal und Julia Stefanie Möller) ziehen durch die Lande und befolgen eine jahrhundertealte Zeremonie. Als alter Mann mit langem Bart gibt Florian Steffens den Erzähler. Am Ende gibt es mehr als einen Toten, als Ritual und Revolution blutig aufeinander treffen. Erschreckend auch der Bericht einer Mutter (Carolin Wirth), deren Sohn zwei Jahre lang zu Zeiten der Bodenreform in einem Erdloch Schutz sucht. Mann und Bruder wurden vor ihren Augen brutal ermordet. Der Sohn, zu einem stummen Schrei degeneriert, kann die traumatisierte Frau schließlich nicht mehr emotional erreichen. „Das ist eine ganz alte Schuld und davon will niemand etwas hören“, spricht sie scheinbar unbeteiligt.

Wer wenig in chinesischer Geschichte bewandert ist, wird zumindest im ersten Teil des Abends ein wenig auf verlorenem Posten stehen. Episodisch führt die Inszenierung durch verschiedene historische Stadien. Immer wieder ist von der Kulturrevolution Mao Zedongs die Rede, vom „weißen Spezialistentum“ oder „der ideologischen Verkommenheit sozial unausgelasteter Elemente“. Der zweite Teil führt in das moderne China. Die Stühle, vormals aufgehäuft zu einem riesigen Scheiterhaufen, stehen nun ordentlich aufgestapelt nebeneinander (Bühne und Kostüme: Mirjam Benkner).

Es ist zweifellos einer der Höhepunkte des Abends, als Steffens in immer absurder werdender Gestik seine Flucht durch die Kloake eines Gefängnisses beschreibt. Nicht minder präsent aber agiert Wirth in der titelgebenden Rolle eines Mädchens, das im Sekundentakt Worte und Blicke zu elektronischen Tanzrhythmen flirren lässt und gleichzeitig unsäglich verloren erscheint. „Die nächste Generation wird es besser haben“, prognostiziert Möller als Dirne und scheint sich an diesem letzten bisschen Hoffnung aufzurichten. Dies seien die Auswüchse einer „alten Gesellschaft“, lautet das verzweifelte Credo, „mit den bitteren Erfahrungen und dem Hass im Herzen“.  

Die nächsten Termine: Am 17. und 23. April, am 3. und 16. Mai, am 6. und 13. Juni, jeweils um 19.30 Uhr im Kleinen Haus. Karten gibt es beim Theater Münster, Neubrückenstraße 8-11, Telefon (0251) 5909-100.