
© Ray Heese
TSC Kamen: Spieler-Rauswurf und Schulden – „Die Hampelmänner glauben, sie seien etwas Besseres“
Fußball
Nach der deutlichen 1:5-Niederlage am Sonntag gegen den ETuS/DJK Schwerte schäumte Nail Kocapinar vor Wut. Auch mit etwas Abstand ließ er kaum ein gutes Haar an so manchem Leistungsträger.
Er war schon während des Bezirksligaspiels gegen den ETuS/DJK Schwerte (1:5) mächtig geladen. Bereits nach einer guten halben Stunde musste eine PET-Flasche dran glauben: TSC Kamens Trainer Nail Kocapinar schoss die Pulle wütend Richtung Bande, seine Mannschaft hatte soeben das 0:2 kassiert - gegen einen direkten Konkurrenten.
Nach der Partie war Kocapinar völlig konsterniert: „Wir sind abgestiegen“, erklärte er mit bedrückter Stimme. Indes kündigte er an, dass die Hälfte seiner Mannschaft in der kommenden Saison nicht mehr für den TSC Kamen spielen werde. Ihr Auftreten sei „eine Beleidigung an den Verein“ gewesen. Das hatte gesessen!
Mit etwas Abstand hatte sich Nail Kocapinar dann wieder etwas beruhigt. An seiner Kernaussage aber hält er fest. Er sei erschrocken gewesen von dem Auftreten von so manchem Leistungsträger in seinem Team. „Umut Kodaman hat am Sonntag trotz seiner Gesichtsverletzung mit Maske gespielt, das nenne ich Leidenschaft. Furkan Cirak hat trotz Zerrung gespielt. Die beiden haben alles für die Mannschaft gegeben. Manch ein Spieler hat am Ende fast geweint“, führte Kocapinar aus.
Viele Spieler beim TSC Kamen kommen ihrer Verpflichtung nicht nach
Doch eben nicht alle seien mit so viel Herz dabei gewesen. Andere Spieler hätten während der 90 Minuten laut dem TSC-Coach fröhlich vor sich hergelacht. „Das geht gar nicht. Die Hampelmänner glauben, sie seien etwas Besseres. Die sind aber ihr Geld, das sie bei uns kriegen, nicht wert. Mit so einer Einstellung würden die nicht mal in der Kreisliga A spielen. Die brauchen auch die letzten vier Spiele nicht mehr zu uns kommen“, erklärte der Coach - freilich ohne Namen nennen zu wollen.
Wichtige Spieler hätten ihn und seinen Bruder und Trainerkollegen Nadir Kocapinar in entscheidenden Spielen hängen lassen. „Da meinten welche, spontan in den Urlaub fliegen zu müssen, um den Kopf frei zu kriegen. Aber wenn ich mich bei einem Verein anmelde, dann habe ich auch eine gewisse Verpflichtung. Leider haben wir zu viele von solchen Spielern im Team, auf die einfach kein Verlass ist“, so Kocapinar.
Verschuldeter TSC muss wohl in der A-Liga neu starten
Er erwarte von seinen Spielern auch, dass sie zum Spiel kommen, selbst wenn sie verletzt sind: „So habe ich das immer gemacht. Dann unterstützt man die Jungs von außen.“ Die enttäuschende Rückrunde - der TSC holte bislang noch keinen einzigen Punkt - macht Kocapinar aber nicht nur an seinen Spielern fest. „Natürlich muss ich mir den Schuh auch anziehen. Aber uns fehlen auch die finanziellen Mittel, wie andere Teams sie haben. Wir sind immer noch verschuldet und wir versuchen alles, damit es nicht komplett den Bach runtergeht“, meinte er.
Für die verbleibenden Spiele in dieser Saison will er seinen TSC aber wieder als Einheit sehen: „Ich will nicht die Jungs, die noch mitziehen, auch noch verlieren. Wir wollen uns mit Ehre und Stolz aus der Bezirksliga verabschieden.“
Jugendarbeit beim VfL Kamen soll dem TSC als Vorbild dienen
Mit dem Kern der Mannschaft plane der TSC für die nächste Saison. Neben den bereits angesprochenen Leistungsträgern Kodaman und Cirak habe unter anderem auch Ahmet Acar, mit aktuell neun Treffern Toptorschütze beim TSC, seine Zusage gegeben. „Ich spreche derzeit auch noch mit zwei Stürmern, die in dieser Saison zusammen 50 Tore geschossen haben. Ich denke, dass wir besser sein werden als diese Saison. Und wir wollen in der A-Liga auch sofort wieder oben mitspielen“, gibt Kocapinar bereits einen Ausblick auf die Spielzeit 2022/23.

Auch Ahmet Acar (r.) gelang gegen Schwerte nicht viel. Auf ihn war in dieser Saison jedoch stets Verlass. In der nächsten Spielzeit ist er laut TSC-Coach Nail Kocapinar weiter an Bord. © Palschinski
Dann wird der TSC in allen vier Kreisligen jeweils eine Mannschaft gemeldet haben. Die Zweite startet nach ihrem Rückzug aus der Kreisliga A2 ebenfalls einen Neuanfang - in der B-Liga. Und in der Jugendarbeit möchte der TSC einen ähnlichen Weg einschlagen wie Stadtrivale VfL Kamen. „Wir können nicht immer nur externe Spieler holen. Wir wollen bald auch mal auf Kamener Jungs setzen. Da kann uns der VfL Kamen ein Vorbild sein.“
Jahrgang 1992. Geboren und aufgewachsen in Unna. Kennt den Kreis Unna wie seine Westentasche, hat in seinem Leben aber noch nie eine Weste getragen. Wollte schon als Kind Sportreporter werden und schreibt seit 2019 für Lensing Media über lokale Themen - auch über die Kreisgrenzen hinaus.
