Es war 22.45 Uhr, als der Dortmunder Opernintendant Heribert Germeshausen den „Oper! Award“ für das „beste Opernhaus“ auf der Bühne des Dortmunder Opernhauses entgegen nahm.
Und da war erst die Halbzeit der knapp viereinhalbstündigen Gala, mit der das Fachmagazin „Oper!“ die Besten in Deutschland mit der gläsernen Trophäe und Titeln ehrte. Die Preisverleihungsnacht war ein Treffen der Klassik-Stars, die fast alle den Preis persönlich abholten.
Dank ans Dortmunder Publikum
Nicht nur deutschlandweit haben die Kritiker des Magazins die Preisträger gefunden; auch in Amsterdam und Zürich gab es Prämierte. „Heribert Germeshausen hat mit einer Vielzahl richtiger Einzelentscheidungen die Oper Dortmund auf Platz eins geführt“, lobte der Juryvorsitzende und Gründer der „Oper! Awards“, Ulrich Ruhnke.
Der 52-jährige Intendant dankte seinem Team und dem Publikum. „Das ist außergewöhnlich neugierig“, sagte er. 2006 hatte er sich als Chefdramaturg bei Christine Mielitz an der Oper beworben – erfolglos.
Höhe künstlerische Qualität
„Die Stadt hat mich nicht losgelassen“, erzählte er; 2018 kam er als Intendant zurück und hat die Oper Dortmund an die Spitze geführt.
„Der Preis ist eine Würdigung seiner künstlerisch großartigen Arbeit. Die Jury hat die hohe künstlerische Qualität und vielseitige Gestaltung des Dortmunder Spielplans erkannt“, freute sich Bundes-Kulturministerin Claudia Roth in einer Videoansprache.
NRW-Kulturministerin Ina Brandes gratulierte persönlich: „Sie haben endlich schriftlich, was alle schon wussten. Die Oper Dortmund ist ein Vorbild für viele Kulturinstitutionen in unserem Land.“ Und der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal ermunterte zum Meister-Double.
„La Bohème“ zur Eröffnung
Auf gutem Weg, den Titel zu verteidigen, ist die Oper Dortmund.
Und einer der Preisträger (bestes Solo-Album) ist in der nächsten Saison zu Gast: Startenor Jonathan Tetelman singt eine Vorstellung der Eröffnungsproduktion „La Bohème“. Germeshausen koppelt die Puccini-Oper mit dem Rock-Musical „Rent“ von Jonathan Larson, das denselben Stoff verhandelt.
Nachhaltigkeit in Gelsenkirchen
Meister ist auch Gelsenkirchen: Das Musiktheater im Revier bekam den Award für die beste Nachhaltigkeitsinitiative.
Seit 2020 sammelt das MiR Daten zum Energie-Verbrauch, hat Lampen gegen LEDs getauscht, kooperiert mit dem Öffentlichen Nahverkehr, recycelt Bühnenbilder und verbessert die Abfallbeseitigung. „Publikum und Theatermitarbeiter ziehen da wunderbar mit“, freute sich Intendant Michael Schulz, der sich den Preis mit dem Theater Regensburg teilt.

Ein berührender Moment
Für den berührendsten Moment der Gala sorgte Dirigentin Oksana Lyniv. Die Ukrainerin, die erste Frau, die bei den Bayreuther Festspielen am Pult stand, bekam den Award für „Herausragendes Engagement“.
Sie hat in der Ukraine ein Jugendorchester gegründet und setzt sich auch an ihrer Wirkungsstätte in Bologna für Aufführungen von Werken ukrainischer Komponisten ein. „Putin will, das wir aufhören, dass es uns nicht mehr gibt. Aber wir spielen“, sagte sie. Den Preis widmete sie dem von der Schließung bedrohten ORF Radio-Symphonieorchesters Wien.
Ein Kreis schließt sich
Noch in Erinnerung in Dortmund ist Ersan Mondtag, der mit Annika Lu den Kostümbildner-Preis (für „Antikrist“ an der Deutschen Oper Berlin) bekam.
„Unsere erste Arbeit war 2018 ,Das Internat‘ am Schauspiel Dortmund. Für unsere letzte gemeinsame Arbeit bekommen wir hier den Preis. Da schließt sich ein Kreis“, sagte der Kostümbildner, der für seine opulent bemalten Fatsuits bekannt ist. Das beste Bühnenbild stammt von Ulrich Rasche, ein Stahlkreis für „Elektra“ an der Oper Genf.

Oper Bonn gewinnt auch
Regisseur Claus Guth bekam den Preis für den besten Regisseur, die Berliner Philharmoniker als bestes Orchester (wie auch der Slowakische Chor für „Pique Dame“ in Baden-Baden und Berlin), Marc Minkowski für die beste Opern-Gesamtaufnahme („Robert, der Teufel“) und die Oper Bonn für die Wiederentdeckung des Jahres (die Reihe ,Fokus ‚33“).
Bestes Festival ist Aix-en-Provence, beste Uraufführung „Eurydice“ von Manfred Trojahn in Amsterdam, beste Aufführung „Der Teufel von Loudun“ an der Bayerischen Staatsoper München. Dort ist auch Bariton Konstantin Krimmel engagiert, der beste Nachwuchskünstler.
Currywurst um Mitternacht
Leider waren die beste Sängerin (Lisette Oropesa), der beste Sänger (Michael Volle), der beste Dirigent (Gianandrea Noseda für den „Ring“ in Zürich) und der Preisträger für das Lebenswerk (René Jacobs) nur per Zoom zugeschaltet, weil sie proben mussten.
Erstmals fand die Gala außerhalb von Berlin statt. Die Oper Dortmund hatte den Gästen rote Teppiche ausgerollt und feierte noch bis weit nach Mitternacht bei Currywurst und Getränken. Auf das Double!
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