Till Brönner entführte in Jazz aus zwei Welten
Klavier-Festival Ruhr
Es wirkt noch immer etwas kurios und ist doch zur Institution geworden: Zum Abschluss des Klavierfestivals Ruhr übernimmt ein Trompeter die Aufgabe des Programmgestalters und präsentiert seine persönlichen "Piano Friends". Zum sechsten Mal schlüpfte Till Brönner am Freitag im Recklinghäuser Ruhrfestspielhaus in die Rolle des begleitenden Solisten und Conferenciers.

Till Brönner blies das Finale des Klavier-Festivals Ruhr.
Zwei höchst unterschiedliche Pianisten hatte er eingeladen - aus sehr verschiedenen Richtungen dessen, was sich unter den Oberbegriff "Modern Jazz" fassen lässt.
Ob der Schwede Tingvall vielleicht weniger ein waschechter Jazzer mit Hang zu soften Balladen ist als eher ein Popmusiker mit ausgeprägter Vorliebe für jazzige Improvisationen, darüber lässt sich durchaus diskutieren.
Verkehrte Welt
Der Swing ist jedenfalls nicht der Grundimpetus des noch sehr jugendlich wirkenden 42-Jährigen. Gerne schwelgt er in romantischen, eingängigen Melodien und wohlklingenden, wenngleich komplexen Harmonien.
So scheint die Welt verkehrt, wenn der Junge aus dem hohen Norden ein ganzes Set lang sehr eingängige Kost serviert und der Ältere aus dem Süden, der 66-jährige Italiener Enrico Pieranunzi, seinen deutlich rebellischeren und widerborstigeren Modern Jazz dagegenhält, wie er ihn seit den 70ern spielt.
Virtuose Energie
Der Swing ist Pieranunzis Grundessenz, in treibenden Bop-Improvisationen setzt er eine beeindruckende virtuose Energie frei. Beinahe wirkt das schon rotzig; als wollte der Altmeister demonstrieren: So vital klingt echter Jazz!
Mit Professionalität und gutem Willen stellen die beiden Pianisten noch eine passable Duo-Improvisation auf die Beine. Pieranunzi versucht Tingvall mit kleinen Sticheleien herauszufordern, läuft aber meist ins Leere.
Gut, dass mit Dieter Ilg am Bass und Hans Dekker am Schlagzeug zwei mit allen Wassern gewaschene Jazzer die Rhythmusgruppe bilden. Das Experiment ist gescheitert - den Versuch war es wert.