„Tatort“-Kommissar Dietmar Bär gefeiert
Schauspielhaus Bochum
Nachdem das letzte Wort verklungen war, die leise Hoffnung auf einen Neuanfang formuliert, toste in den Kammerspielen des Bochumer Schauspielhauses Beifall los, wie man ihn lange nicht vernommen hat. Mit den grandiosen Darstellern Bettina Engelhardt und "Tatort"-Kommissar Dietmar Bär ist Heike M. Götze eine äußerst berührende Inszenierung von "Gift. Eine Ehegeschichte" gelungen.

Dietmar Bär und Bettina Engelhardt spielen das trauernde Paar in der Bochumer Produktion »Gift«.
Ein Mann und eine Frau, schlicht Er und Sie genannt, treffen im Stück der niederländischen Autorin Lot Vekemans in einer Friedhofshalle aufeinander. Zehn Jahre ist es her, dass ihr gemeinsames Kind an den Folgen eines Autounfalls starb. Jetzt hat sie ihn herbestellt, vorgeblich, weil das Grab umgebettet werden soll. Ganz offensichtlich ist der Grund ein anderer: Sie will alte Fragen neu stellen, wissen, wie er mit der Trauer gelebt hat und lebt.
Bittere Vorwürfe
Als der schwere Feuerschutzvorhang sich hebt, stehen Bär und Bettina Engelhardt weitest möglich entfernt voneinander. Ein einfaches, aber wirkungsvolles Bild für zwei Menschen, die erst ein Kind, dann sich selbst und dann einander verloren haben. Im Verlaufe des Stücks nähern sie sich an und dann sprühen die Funken einer schonungslosen Auseinandersetzung. Bittere Vorwürfe kommen vor allem aus ihrem Mund.
Erinnerungsraum
Doch Heike M. Götze bricht die Gradlinigkeit, auch den Naturalismus des Stücks bald auf. Sie kehrt die Szene um, lässt ihre Schauspieler bis zu einem gewissen Punkt die Rollen tauschen. Ein brillanter Einfall ist das, um klar zu machen: Egal, wie das Leben weitergeht, die Trauer zu bewältigen, bleibt Arbeit - und ist vielleicht manchmal gar nicht zu schaffen.
Dritter Hauptdarsteller in dieser wunderbar konzentrierten, bestechend klugen Inszenierung in den Kammerspielen des Bochumer Schauspielhauses ist das Bühnenbild von Ricarda Beilharz. Die angedeutete Trauerhalle ist mit weißem Stoff verhüllt, erinnert an den "Wrapped Reichstag" von Christo und Jeanne-Claude. Sie ist ein Erinnerungsraum, in dem Bettina Engelhardt nervös herumkramt, der jedoch die Hoffnung auf Transformation in sich trägt.