Stadt rudert bei Schwimmbadverbot zurück

Flüchtlinge in Bornheim

Über das Wochenende will die Stadt Bornheim ihr umstrittenen Schwimmbadverbot für männliche Asylbewerber aufrechterhalten. Am Montag aber soll die Regelung nach heftiger Kritik wieder aufgehoben werden. Sozialdezernent Markus Schnapka (Grüne) hatte die drastische Maßnahme nach Belästigungen von Frauen angeordnet und damit für Aufsehen gesorgt. Was sagen Sie?

von Leonie Schulte, Benedikt Reichel

Bornheim

, 15.01.2016, 09:50 Uhr / Lesedauer: 3 min

Weil sich Besucher und Angestellte über sexuelle Belästigungen durch Männer aus Flüchtlingsheimen beschwert hatten, sprach Sozialdezernent Markus Schnapka (Grüne) ein Generalverbot für das Schwimmbad aus.

Mit dieser umstrittenen Entscheidung sorgte die Stadt Bornheim für Aufsehen, nationale und internationale Medien griffen das Thema auf. Nach heftiger Kritik erklärte die Stadt nun, dass man das Verbot am Montag aller Voraussicht nach aufheben werde. 

Beschwerden wegen Belästigung

Laut Angaben der Stadt gab es sechs schriftliche Beschwerden wegen Belästigung im örtlichen Schwimmbad. Die tatsächliche Zahl sei natürlich deutlich höher, "das ist sie ja immer", sagt Schnapka am Freitag. Seit dem Herbst gebe es immer wieder Hinweise und auch Beschwerden über männliche Asylbewerber, die das städtische Schwimmbad der 50.000-Einwohner-Gemeinde nordwestlich von Bonn besuchen. 

Die Frauen hätten sich sexuell belästigt gefühlt. "Die Anmachen waren recht deutlich", so Schnapka. Er räumt jedoch auf Anfrage ein, dass es keine körperlichen Übergriffe, auch keine Straftaten gab. Auch wurde kein einziger Vorfall angezeigt.

Landespartei lehnt Verbot ab

Dennoch griff der Sozialdezernent zu einer drastischen Maßnahme. Besuchsverbot für alle männlichen Asylbeweber über 18 Jahren aus drei Asylunterkünften in der Stadt. Eine "befristete Maßnahme", wie Schnapka betont. Er habe reichlich darüber nachgedacht und mit den Flüchtlingen in Bornheim das Gespräch gesucht.

Doch selbst in seiner Partei stößt die Maßnahme auf Kritik." Das ausgesprochene Schwimmbadverbot geht aus unserer Sicht zu weit", sagt Mona Neubaur, Vorsitzende der Grünen in NRW auf Anfrage. "Kollektivstrafen und Vorverurteilungen lehnen wir ab."

Die pauschale Bestrafung aller männlichen Flüchtlinge sei "als Signal gemeint", um "in den Flüchtlingsunterkünften eine Debatte" über das Bild der Frauen und den respektvollen Umgang mit Frauen in Gang zu setzen, erklärt der Sozialdezernent in Bornheim. Sozialarbeiter sollen diese Debatten begleiten. "Sobald wir von den Sozialdiensten die Mitteilung bekommen, dass die Botschaft angekommen ist, beenden wir diese Maßnahme wieder", sagte Schnapka.

Verbot bleibt bis Montag bestehen

Nach einem ersten Gespräch zwischen Stadtspitze und Sozialarbeitern am Freitagnachmittag bleibt das Badeverbot für die Flüchtlinge vorerst bestehen. "Vonseiten der Stadt hat das Verbot bestand", sagte ein Sprecher der Gemeinde auf Anfrage. Das Thema stehe jedoch auf der Tagesordnung für ein Treffen des Verwaltungsrates der Stadt Bornheim am Montag, so der Sprecher. Höchstwahrscheinlich würde es dann umgehend aufgehoben. Er wolle diesem Beschluss aber nicht vorgreifen. 

Verein fürchtet Stigmatisierung

"Verheerend", nennt Benjamin Kowitzke, Vorsitzender des Vereins Refugees Welcome Bonn, indes die Signalwirkung des Bornheimer Schwimmbadverbots. "Dieser Generalverdacht wirkt stigmatisierend. Das gilt sowohl für die betroffenen Flüchtlinge in den Unterkünften als auch in der gesamten öffentlichen Wahrnehmung." Diese Entscheidung erinnere an dunklere Kapitel der Geschichte, etwa die Rassentrennung in der USA. 

Sexismus sei ein gesamtgesellschaftliches Problem und natürlich müsse Fehlverhalten einzelner Personen geahndet werden, meint Kowitzke, "diese Kollektivbestrafung aber ist nicht nur völlig absurd, sie ist auch juristisch nicht haltbar."

Auch Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW, kritisiert das Schwimmbadverbot entschieden: "Solche Erziehungsmaßnahmen sind weder angemessen, noch sind sie hilfreich." Vielmehr schürten sie Vorurteile. "Wenn die Stadt ein solches Verbot erteilt und damit die Menschen unter Generalverdacht stellt, sagt sie den Leuten doch, dass ihre unangemessenen Ängste vor Fremden gerechtfertigt seien."

Karnevalszug abgesagt

Derweil sorgt auch die Absage des Rosenmontagsumzug in Rheinberg am Niederrhein für Diskussionen und Kritik. Die Stadt hatte ein Sicherheitskonzept verlangt. Dabei spiele die Nähe des Zugs zu einer Flüchtlingsunterkunft eine Rolle, die ein „Gefahrenpunkt“ sein könne, räumte ein Vertreter der Stadt ein. 

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Kritik der Bädergesellschaft

Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen kritisiert das Bornheimer Badeverbot für Flüchtlinge. Man halte das Verbot für juristisch kaum durchsetzbar, erklärt ein Sprecher am Freitag. Möglichen Problemen mit männlichen Flüchtlingen, die in Bornheim zu dem ungewöhnlichen Schritt geführt hatten, will die Gesellschaft durch klare Verhaltenshinweise vorbeugen.

Die bereits bestehenden und in den Bädern aushängenden Sicherheitstipps würden ergänzt, kündigte der Sprecher der Gesellschaft an. In vielen Sprachen soll darauf hingewiesen werden, dass auch im Schwimmbad die Würde und die Persönlichkeitsrechte von Frauen und Männern geachtet werden müssen und vor allem körperliche Berührungen oder mündliche Anspielungen untersagt sind.

Ausweis verhindert Zugang zum Bad

In Bornheim wird das Badeverbot über einen Ausweis für Flüchtlinge durchgesetzt. Dort ist die Anschrift der Asylunterkunft vermerkt. Er habe von keinem Ansturm von Männern der betroffenen Unterkünfte auf die Bäder gehört, sagt der Sozialdezernent. Bei Informationsveranstaltungen zum Badeverbot in den Unterkünften habe es viel Verständnis für die drastische Maßnahme gegeben, sagt Schnapka. Aber auch kritische Stimmen gegen die pauschale Verurteilung aller Flüchtlinge. Wenn es zu Belästigungen käme, würden die Personalien aber oftmals nicht festgestellt, rechtfertigt sich die Stadt Bornheim. Wenn die Vorfälle umgehend im Schwimmbad und gegebenenfalls bei der Polizei angezeigt würden, ließe sich das ändern. 

Diskussion in Sozialen Medien

Die Entscheidung der Stadt Bornheim schlägt indes hohe Wellen. Zahlreiche Medien aus dem gesamten Bundesgebiet haben das Thema am Freitag aufgegriffen. Auch in den Sozialen Netzwerken wird das Schwimmbadverbot diskutiert. #Bornheim zählt zwischendurch zu den Twitter-Trendthemen des Tages in Deutschland. 

 

Wenn Kollektivstrafe, dann konsequent! #Schwimmbadverbot für alle #Männer! #bornheim#SchwimmbadVerbotFürMännerhttps://t.co/rx8UyYwPS7

— Floris Biskamp (@floris_du_mal)

 

Wer sich über ein Hausverbot mehr aufregt als über sexuelle Belästigung, der setzt seine Prioritäten falsch. #bornheim

— Sam (@SammyBGoode_)

 

Das schlimmste an #Bornheim ist, dass wieder nicht über die Frauen, die Opfer gesprochen wird. Allmählich reicht's mit Übergriffen.

— Annette Creft (@AnnetteCreft)

 

Mit Material von dpa