Eine Million Euro aus NRW-Sparkasse verschwunden: „Das war ein Insider“
Kriminalität
Aus einem Tresorraum der Sparkasse verschwand fast eine Million Euro. Der Täter konnte nicht ermittelt werden. Bekannt wird der Fall erst, als sich Geldinstitut und Versicherung vor Gericht streiten.
Im Prozess um einen leer geräumten Tresorraum der Düsseldorfer Kreissparkasse sind deutliche Sicherheitslücken bekannt geworden. „Alle, die da arbeiten, konnten auf die Schlüssel zugreifen. Das bereitet mir etwas Bauchschmerzen“, sagte der Vorsitzende Richter am Donnerstag am Ende der mehrstündigen Verhandlung in dem Zivilprozess am Düsseldorfer Landgericht.
Ein Unbekannter hatte am 26. Juni 2019 den Tresorraum vollständig leer geräumt - von 934 000 Euro fehlt seither jede Spur. Die Ermittlungen der Polizei gegen zwischenzeitlich drei Beschuldigte wurden eingestellt: Gegen keinen von ihnen ließ sich der Verdacht erhärten. Die Kreissparkasse Düsseldorf möchte nun die verschwundene Summe von ihrer Versicherung erstattet haben, doch die sperrt sich (Az.: 9 O 333/21).
Zwar benötigte man drei Schlüssel, um vom Raum mit den Kundenschließfächern durch zwei Türen weiter in den Tresorraum zu gelangen, sagten als Zeugen befragte Bankmitarbeiter übereinstimmend aus. Doch diese drei Schlüssel seien gemeinsam in einer grauen Kassette aufbewahrt worden, wie eine Bankkauffrau aussagte. Auf die Schlüssel habe praktisch jeder Mitarbeiter Zugriff gehabt - worüber nicht Buch geführt wurde.
Inzwischen seien die Abläufe geändert und das Geld werde an einem anderen Ort aufbewahrt, berichtete der Leiter der Filiale in Erkrath, aus deren Tresorraum das Geld verschwand, als er dort noch nicht Chef war.
Während die Kreissparkasse argumentiert, dass es sich um einen Einbruch gehandelt haben könnte und es entsprechende Hebelspuren an einer Tür gebe, bestreitet dies die beklagte Versicherung. Davon abhängig ist die Frage, ob die Summe erstattet werden muss.
Das Geld war am 26. Juni 2019 aus dem Tresorraum verschwunden. Zuvor habe es nie Differenzen gegeben zwischen dem tatsächlichen Bargeldbestand und der Buchführung, berichteten die Zeuginnen. Jeden Monat sei komplett nachgezählt worden, über jeden Zu- und Abgang wurde Buch geführt.
Plötzlich war der Tresor leer
Doch an jenem Tag betrug die Differenz plötzlich 100 Prozent. Der Tresorraum war leer. „Das Geld ist weg“, berichtete die Mitarbeiterin, die zum Dienstschluss die „Tageseinnahmen“ nach unten bringen wollte. Dabei sei ihr aufgefallen, dass die Tür vor dem Tresorraum nur zugezogen war. Sie sei sich aber sicher, sie am Mittag noch doppelt abgeschlossen zu haben, wie es üblich gewesen sei, sagte die 38-Jährige.
Das Landgericht hatte vorgeschlagen, dass die Versicherung 40 Prozent der verschwundenen Summe zahlt. Doch der Anwalt der Kreissparkasse lehnte ab - auf der Grundlage könne man sich nicht auf einen Vergleich einigen. Am Ende der Verhandlung brachte er 50 Prozent als eigenen Vorschlag ins Spiel. Der Anwalt der Versicherung versprach, das Angebot weiterzugeben - empfehlen könne er es aber nicht.
Denn dass an einer Tür Hebelspuren entdeckt wurden, bedeute noch nicht, dass diese tatsächlich aufgebrochen worden sei. „Das war ein Insider. Das ist ja wohl klar“, sagte der Anwalt der Versicherung.
Außerdem hätte der Einbrecher den Zeugen zufolge noch die Tresorraumtür überwinden müssen, die nur mit zwei Schlüsseln gleichzeitig zu öffnen war. Eine Videoüberwachung vor oder im Tresorraum gab es nicht.
Gericht hat Verkündungstermin angesetzt
Als ihre Kollegin hinaufkam und sagte, dass das Geld weg sei, habe sie zunächst an einen Scherz geglaubt, berichtete eine 48-jährige Bankkauffrau - zumal sie mittags beim Nachzählen selbst dabei gewesen sei und da noch alles seine Ordnung hatte. Ungläubig sei sie selbst nach unten geeilt und habe überall nachgeschaut: „Alle Fächer waren leer.“
Wer auch immer das gesamte Geld mitnahm, hinterließ diesmal keine Unterschrift. Das Gericht hat einen Verkündungstermin für den 17. November angesetzt.
dpa
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