Bereits seit einigen Monaten beklagen immer wieder Apotheker, dass es teils massive Lieferschwierigkeiten für bestimmte Medikamente gibt. Dazu gehören beispielsweise auch Säfte mit Ibuprofen oder Paracetamol, die besonders für Kleinkinder gebraucht werden. Allerdings: So dramatisch wie es manches Mal dargestellt wird, ist die Situation nicht zwingend. Denn Apotheker können grundsätzlich viele der Medikamente auch selbst herstellen.
„Viele Menschen wissen, dass wir beispielsweise Salben herstellen, die jemandem verschrieben worden sind“, sagt Christian Zeidler von der Alten Apotheke in Datteln. „Aber das ist nur der Klassiker. Wir können auch Lösungen und Kapseln anfertigen.“ Das sei eigentlich eine leichte Sache – solange ein paar Dinge beachtet werden.
Beim Besuch in der Alten Apotheke bekommen wir einen Einblick darin, wie solche Medikamente herstellt werden. Christian Zeidler und die Pharmazeutisch-Technische Assistentin Bianca Müller zeigen, wie einfach das geht. Wobei letzteres nur für Fachleute wie sie gilt. Denn einfach ist das nur, wenn man die entsprechende Ausbildung hat. Tatsächlich liest man in den sozialen Medien immer mal wieder, dass manch einer selbst anfängt, Säfte oder ähnliches herzustellen. Das ist allerdings eine ganz schlechte Idee, wie Christian Zeidler sagt: „Bitte machen Sie das nicht!“
Wer nicht vom Fach ist, kann nicht abschätzen, wie hoch die Konzentration des Wirkstoffes am Ende überhaupt ist. „Wir arbeiten hier beispielsweise mit geeichten Feinwaagen“, erklärt Zeidler. „Man kann so etwas nicht einfach mit einer gewöhnlichen Küchenwaage machen.“ Auch die Reinheit der verwendeten Stoffe sei entscheidend, ob man im besten Fall ein wirkungsloses Medikament herstellt, im schlimmsten Fall aber ein tödliches.

Wie sorgfältig man vorgehen muss, sehen wir im Labor der Alten Apotheke. Bianca Müller arbeitet behutsam, achtet genauestens darauf, dass die Grundstoffe gleichmäßig miteinander vermengt werden. Mit einem Mörser zerreibt sie den Ibuprofen-Grundstoff, auf den sie zuvor eine Emulsion gegeben hat. Außerdem gibt sie ein wenig Himbeer-Aroma dazu. „Sonst schmeckt das nicht so gut“, sagt Christian Zeidler. Immerhin wird der Saft, der hier entsteht, vor allem Kindern verabreicht.
Es dauert ein wenig, bis in der Mörserschale eine homogene Masse entstanden ist. Die wird dann in einen Messzylinder gegeben und mit weiterer Emulsion aufgegossen. Es müssen exakt 100 Milliliter werden, damit das Mischverhältnis am Ende auch stimmt. Dann gießt Bianca Müller die Flüssigkeit in ein Fläschchen, verschließt es und schüttelt es kräftig. Fertig!

Der ganze Prozess läuft äußerst ruhig und präzise ab. „Man darf dabei keine Fehler machen“, sagt Christian Zeidler. Das tue man im Übrigen auch, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen.
Eine weitere Sache, die die Alte Apotheke regelmäßig selbst herstellt, sind Kapseln. Manches Mal verschreiben Ärzte eine andere Menge, als sie die Pharmaindustrie in Masse herstellt. Auch dann sind Christian Zeidler und sein Team gefragt. „Das ist durchaus die größte mentale Herausforderung“, sagt er. Denn vor allem, wenn es um Herz- oder Blutdruckmittel geht, kann jeder noch so kleine Fehler verheerende Folgen für den Patienten haben. „Deshalb gilt dabei immer mindestens das Vier-Augen-Prinzip“, so Zeidler.
Wirklich große Mengen stellt die Alte Apotheke davon allerdings nicht her. Und der Arbeitsaufwand ist hoch. Aber: „Für denjenigen, der es braucht, ist es essenziell.“ Deshalb gehöre das selbstverständlich zum Angebot seiner Apotheke, so Zeidler.
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