
Prof. Dr. Michael Paulussen ist Ärztlicher Direktor der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln. Er steht im ständigen Austausch mit der Krankenhaus-Apotheke aus Dortmund. © Vestische Kinder- und Jugendklin
Engpass für „alternativlose“ Medikamente an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik droht
Infektionswelle
Der Gang zur Apotheke wird in Datteln, Waltrop und Oer-Erkenschwick zur Zitterpartie: Medikamente, besonders für Säuglinge, sind Mangelware. Ist auch die Vestische Kinder- und Jugendklinik betroffen?
Die Vestische Kinder- und Jugendklinik in Datteln ist im größeren Umkreis der Region die erste Anlaufstelle für schwer erkrankte Kinder – auch Säuglinge werden schon früh nach der Geburt von den Fachärzten behandelt. Medikamente gehören zur Behandlung der verschiedenen Krankheitsbilder zum Alltag. Doch in den normalen Apotheken in Datteln, Waltrop oder Oer-Erkenschwick sind Medikamente wie Paracetamol und Ibuprofen zurzeit Mangelware – leidet darunter auch die Versorgung der Spezialklinik?
Im Münsterland haben Kliniken bereits Alarm geschlagen – wegen zu weniger Betten und Personal, um die teils schwerkranken, jungen Patienten zu betreuen, aber akut vor allem wegen eines Mangels an Medikamenten. Diese Marktlage ist natürlich nicht an Prof. Dr. Michael Paulussen, dem Ärztlichen Direktor der Vestischen Kinder- und Jugendklinik in Datteln, vorbeigegangen, er stehe in ständigem Austausch mit der liefernden Krankenhaus-Apotheke vom St.-Johannes-Hospital in Dortmund. Daher kann der Chefarzt etwas beruhigen, auch wenn die Aussichten düster sind.

Zentrale Anlaufstelle für schwerkranke Kinder aus der ganzen Region: Die Vestische Kinder- und Jugendklinik in Datteln. © Andreas Kalthoff
„Eine Krankenhaus-Apotheke ist von einer normalen Apotheke zu unterscheiden“, erklärt Paulussen. Insbesondere für Einrichtungen wie die Kinderklinik in Datteln werden dort Medikamenten-Großlieferungen verschickt. Doch auch die Dortmunder Fach-Apotheke melde, dass zwei Präparate derzeit schlichtweg nicht einzukaufen seien: Paracetamol und Ibuprofen. „Wenn beide Schmerz- und Fiebermittel gleichzeitig nicht lieferbar sind, ist das natürlich ein Problem, sie sind für uns quasi alternativlos“, sagt Paulussen.
Säuglinge haben wenig Alternativen bei Medikamenten
Im Einkauf seien die Mittel zwar nicht zu bekommen, die Apotheke habe aber gemeldet, derzeit noch ausreichend Bestände auf Lager zu haben – doch wie lange? Vorwiegend für Säuglinge könnte der Liefer-Engpass zum Problem werden, denn für die jüngsten Patienten sind nicht alle Medikamente zugelassen. Der Wirkstoff kann zum Beispiel nicht über eine Tablette eingenommen werden, sondern wird in der Regel als Zäpfchen verabreicht. In den handelsüblichen Apotheken ist der Ibuprofen-Saft für Kleinkinder derzeit fast ausverkauft.
„Wenn eine Krankenhaus-Apotheke schon meldet, dass diese beiden Mittel nicht zu bekommen sind, dann ist die Lage ernst“, sagt Prof. Dr. Michael Paulussen. „Und dazu noch von keinem der vielen Anbieter. Es muss also an den Grundsubstanzen liegen.“ Neben den beiden Schmerz- und Fiebermitteln seien auch noch weitere Präparate aus vielfältigen Bereichen knapp – „Allerwelts-Medikamente“, wie sie der Chefarzt der Kinderklinik nennt.

Paracetamol-Tabletten wie auf diesem Bild kommen für Säuglinge nicht infrage. Für sie sind nur Saft und Zäpfchen zugelassen. © picture alliance/dpa
Alternativen gibt es wenige, Novalgin wäre eine für Ibuprofen und Paracetamol. „Aber das wird ungern bei kleinen Kindern eingesetzt, weil es durch die Nieren ausgeschieden wird und die dafür voll entwickelt sein sollten“, erklärt Paulussen. „Und dann wären wir schon bei Wadenwickeln, aber diese Perspektive ist bei einem Säugling mit 39,5 Grad Fieber nicht schön.“
Wenn die Krankheitswelle anhält, werden Bestände knapp
Noch wird die Vestische Kinder- und Jugendklinik aber beliefert. Mitten in der Infektionswelle, die über steigende Coronazahlen hinaus auch viele weitere Krankheiten beinhaltet, ist die Perspektive aber schlecht. „Wenn die Welle jetzt die nächsten drei Monate anhält, könnten auch die Bestände irgendwann aufgebraucht sein“, sagt Paulussen.
Bestände in der Hausapotheke sind daher wohl aktuell wertvoller denn je. Doch bei angebrochenen Fiebersäften, die zum Beispiel von einem Geschwisterkind noch übrig geblieben sind, rät der Chefarzt zur Vorsicht: „Die Daten auf den Medikamenten geben, ähnlich wie bei Joghurt, die Mindesthaltbarkeit an. Wenn es ein paar Tage abgelaufen ist, dann ist es eher unbedenklich, aber bei einem halben Jahr würde ich mich nicht darauf verlassen.“ Säfte seien generell weniger lange haltbar als Pulver oder Tabletten.
Aufgewachsen in Recklinghausen, kennt Dorf- und Stadtleben, ist stets neugierig und auf der Suche nach spannenden Geschichten. Zum Studieren nach Duisburg gezogen und den Weg zurück in seine Vest-Heimat gefunden. Handballer seitdem er laufen kann. Berichtet gerne kritisch über Politik und Stadtentwicklung. Seit 2023 für die Lokalausgaben in Castrop-Rauxel und dem Dortmunder Westen verantwortlich
