
Auf deutschen Dächern werden immer mehr Photovoltaik-Anlagen installiert. © picture-alliance/ dpa
So nutzen Sie möglichst viel grünen Strom zu Hause
Serie: Unser Klima
Strom und Elektronik: Hohe Kosten, knappe Rohstoffe, Klimawandel - wo kommt in den eigenen vier Wänden der Strom her? Kann ich mir einfach eine Photovoltaik-Anlage an den Balkon hängen?
Noch vor zehn Jahren bezweifelten viele Menschen, dass Photovoltaik-Anlagen in unseren Breiten überhaupt sinnvoll zur Stromerzeugung eingesetzt werden können. Das Bewusstsein hat sich inzwischen radikal gewandelt, ebenso die Technik. Selbst kleine Anlagen für Hausbesitzer und Mieter rechnen sich.
Wie kann man zu Hause grünen Strom nutzen?
„Photovoltaikanlagen (PV) sind eine der besten Möglichkeiten um grünen Strom herzustellen“, sagt Jörg Sutter. Er ist Experte für das Thema bei der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Er sieht in dem Solarstrom ein riesiges Potenzial, auch weil sich so viele Dächer dafür eignen würden.
Die Nachfrage auch bei der Verbraucherzentrale hat nicht erst seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine und der damit verbundenen Gaskrise angezogen, sondern auch letztes Jahr schon, als die Preise deutlich stiegen.
„Viele Verbraucher mit Eigenheim wissen mittlerweile wie so eine Anlage funktioniert und was sie dafür brauchen“, sagt Sutter. Die würden mittlerweile eher fragen, ob sich der Kauf eines Batteriespeichers lohnen würde. Rein finanziell ist das aber meistens nicht der Fall, teilt die Verbraucherzentrale mit. Aber man könne eben den Autarkiegrad steigern und mache sich unabhängig vom Stromnetz.
Das sind die Alternativen
Zuschlag für den Solarstrom also? Nicht so schnell. In der Theorie gibt es noch andere Möglichkeiten. Beispielsweise könnte man im Garten auch eine kleine Windkraftanlage aufstellen. Wenn die nicht über zehn Meter groß ist, ist das erlaubt. Allerdings lohnen sich die Mini-Versionen finanziell häufig nicht und auch die gewonnen Strommenge ist laut Verbraucherzentrale zu niedrig. „Außerdem können die kleinen Räder richtig Lärm machen. Das kann Ärger mit den Nachbarn geben“, sagt Jörg Sutter.
Kleine Wasserkraftwerke gebe es zwar auch, allerdings seien hier nur sehr schwer Genehmigungen zu bekommen. Fast unmöglich sei das. Und nur ein Bruchteil der Häuser in Deutschland liegt direkt am Wasser.
Hoher Energieverbrauch bei der Herstellung von PV-Anlagen?
Es scheint also, als sei die Photovoltaik-Anlage die derzeit erste Wahl. Aber was ist eigentlich mit dem Herstellungsprozess einer solchen Anlage? „Früher gab es Studien, die zeigen sollten, dass Photovoltaik-Anlagen in der Herstellungen mehr Energie verbrauchen, als sie danach wieder gewinnen“ sagt Sutter. Das sei mittlerweile aber überholt. „Nach anderthalb bis zwei Jahren ist die Herstellungsenergie wieder reingeholt“, sagt der Verbraucherschützer. Häufig bekämen Kunden dazu eine Garantie vom Hersteller über 20 bis 30 Jahre.
Noch immer zu viel Bürokratie
Was sich aus Verbrauchersicht noch verbessern könnte ist laut Sutter die Bürokratie. Zu viel Aufwand seien die ganzen Formulare und Anmeldedokumente. Und: wie in vielen anderen Bereichen sind die Auftragsbücher der Handwerker momentan ziemlich voll. Es kann sein, dass man mehrere Monate auf seine Module warten müsse.

Auch Mieter können ihren eigenen Strom produzieren. Solche "Balkonkraftwerke" oder "Stecker-Solaranlagen" sind leicht anzumelden, der Vermieter oder bei Eigentumswohnungen die Hausgemeinschaft muss aber in der Regel zustimmen. © DSG
Sonnenstrom auch in der Mietwohnung
Nicht jeder hat aber die Möglichkeit, das eigene Traumhaus mit großflächigen Photovoltaikanlagen zu bestücken. Aber: „Auch mit Solarmodulen für den Balkon können Mieter ihre Stromkosten spürbar“, sagt Jörg Sutter. Und gleichzeitig wird auch noch der Umwelt geholfen. Den Stromverbrauch eines Kühlschranks können Verbraucher damit beispielsweise schon decken. Bis zu 600 Watt dürfen solche Kleinanlagen liefern, die meist „Balkonkraftwerk“ oder „Stecker-Solaranlage“ genannt werden und tatsächlich über eine eigene Steckdose angeschlossen werden. Diese Anlagen sind sehr einfach anzumelden, der Vermieter muss aber in der Regel auch zustimmen, wenn sie das äußere Erscheinungsbild verändern.
Ganz autark wird man aber nicht
Jörg Sutter empfiehlt, möglichst großflächig Photovoltaikanlagen auf das eigene Dach zu bauen. Eine Südausrichtung sei dabei nicht so wichtig wie vermutet. „Alles von Osten bis Westen ist okay“, sagt er. Und trotzdem wird die Strommenge laut des Experten nicht ausreichen, um ein Haus ein ganzes Jahr lang autark zu versorgen. „Man bekommt so 70 Prozent hin, mit Batteriespeicher vielleicht etwas mehr“. Der Rest müsse aus dem Netz dazugekauft werden. Es lohne sich dennoch, weil der Preis des Stroms aus der Photovoltaikanlage eben stabil bleibe.
Wie gut ist Ökostrom?
Auf der Mission möglichst klimaneutral zu leben, entscheiden sich viele Menschen mittlerweile für Ökostrom vom Energieunternehmen. „Das hat aber nicht den Mehrwert, den die Leute oftmals erwarten“, sagt Christina Wallraf, die bei der Verbraucherzentrale NRW Referentin für den Energiemarkt ist. Ökostrom ist Strom, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt.
Allerdings fördert man den Ausbau dieses Angebots in Deutschland nicht zwingend, wenn man sich für diesen Tarif entscheidet. Denn physisch kommt der Strom ohnehin aus der Quelle, die nah zum eigenen zu Hause liegt. „Anbieter können Herkunftsnachweise erwerben. Damit wird angegeben, dass irgendwo in Europa eine Kilowattstunde Ökostrom erzeugt wurde“, sagt Wallraf. Dass durch eine hohe Ökostrom-Nachfrage allerdings mehr grüne Kraftwerke in Deutschland entstehen, sei unwahrscheinlich.
„Da ist es schon effektiver, wenn man selbst darauf achtet, Energie zu sparen und weniger Strom zu verbrauchen“, sagt Wallraf.