So lief die spektakuläre Verfolgungsjagd ab

Flucht über sieben NRW-Autobahnen

Sie flüchteten mit einem PS-Boliden über sieben Autobahnen in NRW und verschwanden in den Niederlanden. Sie hängten 24 Streifenwagen und einen Hubschrauber ab. Jetzt veröffentlichte das NRW-Innenministerium auf Anfrage des Landtagsabgeordneten Gregor Golland (CDU) ein Protokoll der Nacht. Es liest sich wie ein Krimi.

NRW

, 01.10.2015, 12:30 Uhr / Lesedauer: 2 min
Ein Polizeibeamter sichert einen Kanister bei Roermond in den Niederlanden. Foto: Daniel Bothe

Ein Polizeibeamter sichert einen Kanister bei Roermond in den Niederlanden. Foto: Daniel Bothe

Zwei Stunden lang hatte die Polizei in der Nacht mit 24 Streifenwagen und einem Hubschrauber über sieben Autobahnen hinweg versucht, den schwarzen Wagen zu stoppen. In den Niederlanden hatte sich die Spur des Autos schließlich verloren. Die Polizei geht davon aus, dass sie es mit einem mehr als 400 PS starken und 250 Stundenkilometer schnellen Auto zu tun hatte.

Jetzt beschäftigt die Verfolgungsjagd auch die NRW-Politik. Der CDU-Landtagsabgeordnete Gregor Golland fragte nun beim Innenminister nach dem genauen Ablauf der Verfolgungsjagd. Die Nacht des 4. September im Minuten-Protokoll:

1:16 Uhr:  Der Besatzung eines Streifenwagens fällt ein schwarzer Audi Kombi auf, der in Düsseldorf ein kurzes Teilstück des Nördlichen Zubringers auf die Bundesautobahn 52 entgegen der Fahrtrichtung befährt.

Als der Wagen, der nach jetzigem Erkenntnisstand mit vier Personen besetzt war, kontrolliert werden sollte, ergriffen die Personen im PKW die Flucht und entfernten sich mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit. Schon nach vier Minuten verloren die Einsatzkräfte im verfolgenden Streifenwagen aufgrund der hohen Geschwindigkeit des flüchtenden Fahrzeugs den Sichtkontakt.

1:26 bis 1:33 Uhr: Sichtkontakte durch Polizeikräfte am Boden auf der A 46

2:19 bis ca. 2:22 Uhr: Die Polizei entdeckt den Wagen auf der A 52. "Die Sichtkontakte konnten hierbei nur auf großer Distanz gehalten werden. Während der gesamten Flucht konnte ansonsten keine Fustkw-Besatzung Sichtkontakt zu dem flüchtenden PKW herstellen", schreibt das Innenministerium in der Antwort auf die Anfrage Gollands.

"Lediglich der Hubschrauber der Polizeifliegerstaffel NRW konnte die Verfolgung aus der Luft aufrechterhalten", heißt es.

Hohe Geschwindigkeit, mehrfacher Richtungswechsel

Bereits unmittelbar nach Beginn der Verfolgungsfahrt informierte die Landesleitstelle über Funk alle möglicherweise in Betracht kommenden Kreispolizeibehörden (KPB), um diesen die Möglichkeit zu geben, eigene Streifenwagen zu benachrichtigen. 

"Aufgrund der hohen Geschwindigkeit und des mehrfachen Richtungswechsels der Flüchtigen war der Fluchtbereich jedoch nicht konkret vorhersehbar und die beteiligten KPB hatten lediglich die Möglichkeit, ihre Einsatzkräfte in den Nahbereich des Fluchtweges zu bringen", schreibt das Innenministerium.

"Alle in Betracht kommenden und „mithörenden“ KPB blieben mit ihren Einsatzmitteln im Einsatz, um frühzeitig bei Richtungsänderung oder Wechsel entsprechende Maßnahmen (Fluchtwegkanalisierung, Einrichten von Sperren, Zugriff bei günstiger Gelegenheit) einleiten zu können", heißt es weiter.

21 Kreispolizeibehörden beteiligt

Insgesamt waren nach Angaben des Innenministeriums 21 Kreispolizeibehörden an dem Einsatz beteiligt.

2:30 Uhr: Die Flüchtigen fahren über die A 52 in die Niederlande. Die Überflugerlaubnis für den Hubschrauber sei durch die niederländischen Behörden erteilt worden, ebenso wurden sie darüber informiert, dass deutsche Streifenwagen "im Rahmen des Schengen-Abkommens" die Grenze passieren.

In den Niederlanden verliert sich "aufgrund der extrem hohen Geschwindigkeit des flüchtenden Fahrzeugs" die Spur. Auch der Hubschrauber hat keinen Sichtkontakt mehr. Im Anschluss brachen alle Einsatzkräfte (deutsche und niederländische) die Verfolgung ab.

Keine Hinweise auf terroristische Vereinigung

Von den Flüchtenden fehlt weiterhin jede Spur. "Konkrete Hinweise auf die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung liegen nicht vor", heißt es in der Antwort auf die Anfrage weiter. Inwieweit die Täter zu einer schwerkriminellen Bande gehören oder eine Flucht vorausschauend geplant war, sei Gegenstand der Ermittlungen.

Vor einer Woche hatte die Polizei mitgeteilt, dass die geflüchteten Raser vermutlich Blitz-Einbrecher sind. Der Wagen mit den gestohlenen Kennzeichen aus Bad Ems sei bereits Ende August bei einem Blitz-Einbruch in Hagen aufgefallen, bestätigte ein Polizeisprecher in Hagen. Bei diesem hatten vier maskierte Gangster am 25. August vermutlich mit einem Vorschlaghammer das Schaufenster eines Ladens mit hochwertigen Smartphones zertrümmert. Ein Zeuge konnte sich Fahrzeugmerkmale und das Kennzeichen merken.

Dieses Kennzeichen warfen die Personen während der Flucht über sieben Autobahnen in NRW am 4. September weg.  

Die Ermittlungen dauern an.

Mit Material von dpa