So geht es mit dem Bochumer Industriegelände weiter
Opel-Flächen werden zu Gewerbegebiet
Als vor drei Jahren die Bagger anrollten und die ersten ehemaligen Opel-Gebäude in Bochum abrissen, war die Baustelle eine klaffende Wunde im Herzen der Stadt. Heute haben sich die Bürger offenbar mit dem Weggang des einstmals größten Arbeitgebers abgefunden. 1500 Menschen könnten schon Ende 2019 wieder auf dem Gelände arbeiten.

So soll das neue Gewerbegebiet auf der ehemaligen Opel-Fläche aussehen. © SKT Architekten Bonn
Vor dem Gemeindesaal der evangelischen Kirchengemeinde Bochum-Laer steht Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche und raucht eine Zigarette, um runterzukommen. Gut zwei Stunden lang hat sie ein Gespräch zwischen Stadtplaner Kai Müller, dem Geschäftsführer der Bochum Perspektive 2022 Professor Rolf Heyer und vielen engagierten Anwohnern moderiert.
Wehmut über Opel-Weggang ist passé
Wehmut über den Weggang von Opel, dem einstmals größten Arbeitgeber der Stadt, ist ihr dabei nicht mehr entgegengeschlagen. Dafür viele kritische Nachfragen zum Verkehrskonzept der neuen Gewerbegebiete und dem Lärm, den die neuen Unternehmen produzieren werden. „Die Leute haben schnell umgeschaltet von Opel im Drei-Schichten-Betrieb zu gar kein Verkehr mehr“, sagt Andrea Busche.
„So ist der Bochumer: Der hakt das ab und schaut nach vorne.“ Als Nokia damals die Fahnen strich, hätten die Bürger das stärker übel genommen: „Weil das so heuschreckenmäßig war – von heute auf morgen wurde die Produktion in eine Billiglohn-Region verlagert.“
DHL baut gigantisches Paketzentrum
MARK 51°7 hat die Stadt Bochum die 68 Hektar getauft, auf denen bereits im 18. Jahrhundert Bergbau betrieben wurde und auf denen seit den frühen 1960er-Jahren das Opel-Werk 1 stand. Rund 65 Millionen Euro, von denen die etwa die Hälfte aus Landesmitteln kommt und ein zweistelliger Millionenbetrag auch von Opel selbst, stehen zur Verfügung, um es für die Ansiedelung von Unternehmen herzurichten. „Alle Prognosen des RVR sagen, dass wir in Bochum neue Gewerbeflächen brauchen“, sagt Stadtplaner Kai Müller.

Rolf Heyer vermarktet das neue Gebiet. © Max Florian Kühlem
Rolf Heyer, der das neue Gebiet mit dem 14-köpfigen Team Bochum Perspektive 2022 vermarktet, hat schon ganz konkrete Erfolgsmeldungen zu verkünden: „Ich gehe davon aus, dass Ende 2019/Anfang 2020 die ersten 1500 Leute auf dem Gelände arbeiten.“ Das Gebäude von DHL, die dort ein gigantisches Paketzentrum mit rund einer Million abgewickelten Paketen pro Tag bauen, werde in der zweiten Jahreshälfte fertig. Zwischen 600 und 700 Arbeitsplätzen sollen allein dort entstehen.
Campus und Fitnessstudio
Mitte dieses Jahres wird ein Baugrund an die Prüfgesellschaft DEKRA übergeben, die dort in einem Verwaltungsgebäude, in Test- und Werkshallen rund 275 Arbeitsplätze ansiedelt – von denen ein guter Teil allerdings schon vorher an einem anderen Bochumer Standort beschäftigt war. Im alten Opel-Verwaltungsgebäude entsteht das O-Werk, ein Innovations-Campus mit Co-Working-Spaces und Hörsälen, aber auch die Anwerbung eines Fitness-Center und von Gastronomie ist hier geplant.
Auf einem anderen Teil von MARK 51°7 soll ein Wissenschafts- und Technologie-Quartier entstehen. Die Ruhr-Universität hat zwar ihren Plan vom großen Transfer- und Gründerzentrum Worldfactory auf dem ehemaligen Opel-Gelände fallen gelassen, wird aber die Forschungszentren Zess für smarte Produktionssysteme und Think für neuronale Systeme ansiedeln.
Keine Güterbahnstrecke mehr
Sicher ist, dass MARK 51°7 eine attraktive Landschaftsschneise mit Treppen, Plätzen und Aussichtspunkten bekommt, dass es von der Wittener Straße mehrere Ein- und Übergänge zum ebenfalls in Entwicklung begriffenen Stadtteilzentrum Laer geben wird und dass die Straßenbahn bis in die Mitte des neuen Gewerbegebiets hinein fahren wird.

Bis mitten in das Gewerbegebiet soll die neue Straßenbahnlinie führen. © STK Architekten Bonn
Sicher ist allerdings auch, dass es keine Güterbahnstrecke auf das Gelände mehr geben wird. „Heute muss Lieferverkehr ‚just in time‘ geschehen“, sagt Kai Müller und Rolf Heyer ergänzt, dass ein Bahnanschluss auf dem Gelände in Hügellage „völlig unrentabel“ sei.
Anwohner: Verkehrsplanung wie in den 60er-Jahren
Hier kriegt er den Unmut der Anwohner mit ökologischem Gewissen zu spüren. Sie können nicht verstehen, warum ein Gewerbegebiet 2018 genau wie in den 1960er-Jahren vor allem für den Autoverkehr geplant wird.
Der Regionalverband Ruhr hat zwar einen Opel-Radweg im Osten und Süden des Geländes vorgesehen – die Wittener Straße bekommt allerdings keine neuen Radfahrstreifen.

Bei der Verkehrsplanung haben noch einige Anwohner Bedenken. © Max Florian Kühlem
So befürchten die Anwohner Lärm durch Anfahrts- und Lieferverkehre und Probleme mit Parkplätzen. Eine kleinere Gewerbefläche ist perspektivisch nämlich auch für die andere Seite der Wittener Straße, näher an Stadtteil und Wohnbebauung aus der Gründerzeit geplant.
Ab dem 5. März sind die Pläne im Technischen Rathaus und auf der Internetseite der Stadt einsehbar. Eine Bürgerinitiative, wie einst gegen die Pläne zur Autobahn DÜBODO, hat sich im Stadtteil zwar noch nicht gebildet, aber ohne weitere Diskussionen wird die Entwicklung der Flächen rund um das ehemalige Opel-Werk sicher nicht vonstatten gehen.