Sivan Ben Yishai gewinnt Mülheimer Dramatikpreis 2024 Ibsens Klassiker „Nora“ bearbeitet

Sivan Ben Yishai gewinnt Mülheimer Dramatikpreis 2024
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Mit der Bekanntgabe der Gewinnerin des Mülheimer Dramatikpreis 2024 endete am späten Samstagabend das „Stücke“-Festival in Mülheim. Die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung geht an Sivan Ben Yishai für ihr Werk „Nora oder Wie man das Herrenhaus kompostiert“.

Blumen gab es nach der knapp zweieinhalbstündigen öffentlichen Jury-Diskussion für die in Berlin lebende Dramatikerin, die Preisverleihung findet allerdings erst im nächsten Jahr statt – zur Eröffnung der 50. Mülheimer Theatertage am 10. Mai 2025.

Strahlende Gewinnerin: Sivan Ben Yishai   FOTO Motzkus
Strahlende Gewinnerin: Sivan Ben Yishai © Motzkus

Sivan Ben Yishais Stück sei ein „knapp, elegant und treffend“ geschriebener „großer Anklagetext“, urteilte die fünfköpfige Jury. Er spiele die Themen Klassismus und intersektionaler Feminismus am Beispiel der Institution Theater durch. Dabei beweise die Dramatikerin ihren „genialen Riecher für böse Drehs“. Sie zeige, wie sich Begriffe oder Kategorien wie Feminismus und Leistung im Diskurs wenden lassen.

Der Text sei „auf extrem vielen Ebenen aufregend, ungewöhnlich und aufbauend“. Die Jury votierte mit drei Stimmen für Sivan Ben Yishai. Zwei Stimmen gingen an Ewe Benbenek für „Juices“.

Randfiguren im Fokus

Für Sivan Ben Yishai ist es nach 2022 für „Wounds Are Forever (Selbstporträt als Nationaldichterin)“ bereits der zweite Mülheimer Dramatikpreis. Zu sehen war „Nora oder Wie man das Herrenhaus kompostiert“ als letztes der insgesamt sieben Stücke im Wettbewerb am frühen Samstagabend. Marie Bues hatte die Uraufführung des Auftragswerks für das Schauspiel Hannover inszeniert.

Sivan Ben Yishai hat sich Henrik Ibsens Klassiker „Nora oder ein Puppenheim“ vorgeknöpft. Sie rückt die namenslosen Randfiguren des Dramas ins Zentrum. Die Nebenfiguren begehren auf, fordern mehr Text und mehr Geld: der Paketbote, Haus- und Kindermädchen wollen endlich ihr Stück vom Kuchen in der gut laufenden Unterhaltungsmaschinerie.

Patriarchat wird beerdigt

Denn Nora ist bei ihr nicht nur „Hauptdarstellerin“ des Klassikers, sondern auch Unternehmerin, die die Show „Nora“ seit 140 Jahren erfolgreich auf die Bühnen bringt. Und so lässt sich ihr Stück auch als Kritik an der Situation in deutschen Theatern lesen.

Am Ende werden nicht nur das Herrenhaus, sondern auch die alten Dichter und Ehemänner kompostiert. Das Patriarchat wird beerdigt, in der Hoffnung, dass Neues entsteht.

Weitere Preise vergeben

Bevor die Jury-Sitzung startete, wurde zum dritten Mal der Gordana-Kosanović-SchauspielerInnenpreis des Fördervereins des Theater an der Ruhr vergeben. Er geht an Dimitrij Schaad für seine Leistung in der Uraufführung von Falk Richters „The Silence“, die der Autor an der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz inszeniert hatte.

Nach der Jury-Debatte verkündete Festivalleiterin Stephanie Steinberg den Gewinner des Publikumspreises 2024: Roland Schimmelpfennig für „Laios“, uraufgeführt vom Deutschen Schauspielhaus Hamburg in der Regie von Karin Beier mit der virtuosen Lina Beckmann.

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