Die Frau vieler Epochen Ibrahim bringt Kampf um Würde und Weiblichkeit auf die Bühne

Von Kai-Uwe Brinkmann
Die Frau vieler Epochen : Ibrahim bringt Kampf um Würde und Weiblichkeit auf die Bühne
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Eine Frau mit vier Leben, vier Frauen, ein Leben? Die Ada des Romans von Sharon Dodua Otoo ist in vier Epochen präsent. Sie erlebt in Westafrika 1459 die Portugiesen als Kolonialmacht. Die nächste Ada tüftelt Jahrhunderte später an einer der ersten Rechenmaschinen in England. 1945 überlebt sie ein KZ, wo andere sich zu Tode schuften. Im Berlin des Jahres 2019 geht sie auf Wohnungssuche.

Wenn „Adas Raum“ am Samstagabend am Dortmunder Schauspiel uraufgeführt wird, spricht sie auch mehrstimmig von sich als Reisigbesen, als Haus oder Lufthauch. Aha: Ottoos Ada ist so etwas wie der Weltgeist, unsterblich, omnipräsent, allwissend, aber nicht gegen Schmerz gefeit.

Der Schmerz einer Mutter

Diese Ada durchleidet den Schmerz einer Mutter, deren Kinder sterben. Sie wird von der Kolonialmacht gegängelt, von der SS in ein Bordell für KZ-Insassen gesteckt. Die männlich dominierte Mathematik und Wissenschaft verweigert der historischen Ada Lovelace die Anerkennung für ihren frühen Rechner. Es ist eine Geschichte von ewiger Weiblichkeit und ewigem Kampf um Würde, die Regisseurin Miriam Ibrahim in Dortmund auf die Bühne bringt, Parabel, Gleichnis und feministisch angehauchte Moritat. Neben der Emanzipation wird auch das Thema Rassismus verhandelt, da diverse Adas schwarz sind.

Wie einige der sechs Adas, die wir auf der Bühne des Schauspielhauses sehen. Das Bühnenbild von Nicole Marianna Wytyczak ist ein Hingucker, der dem Stoff einen zeitlos archaischen Rahmen verleiht. Felsen türmen sich malerisch auf und kreisen auf der Drehbühne. Videos werden auf den Fels projiziert, hinten wirft eine Diskokugel ihr Prismalicht. Das atmet einen Hauch von Wüste oder exotischem Gestade und illustriert vor allem die Afrika-Episode wunderbar.

Zur ansprechenden Optik tragen auch die Kostüme bei, eigentlich ein Kostüm für alle, das Gianna-Sophia Weise entworfen hat. Alle Schauspieler stecken in einer Art großem Parka, ein weiter „Hoodie“, dessen Ethno-Muster afrikanisch wirken. Wenn zwei Damen in die Knie gehen, Kapuze tief über dem Kopf, sehen sie aus wie Schamanen der Steppe. Was das Bildliche angeht, hat die Uraufführung einiges zu bieten.

Inhaltlich aber bleibt vieles vage und diffus. Es empfiehlt sich die Einführung zum Stück, trotzdem bleiben der Wechsel der Adas und die Zeitsprünge des Stücks ziemlich verwirrend.

Man sortiert sich mehrfach neu, während die Handlung von Frau zu Frau springt. Die Geschichten werden rein sprachlich „reportiert“ und müssen es in unsere Vorstellung schaffen, die Szenerie auf der Bühne bleibt dieselbe. Was erzählen die Damen? Was nehmen wir mit? Was ist die Botschaft? Oder vereint „Adas Raum“ doch nur emotionale Feedbacks geschundener Weiblichkeit?

Kaum echte Dramatik

Was fehlt, ist das Prickeln von Spannung. Aktion und Bewegung finden im Tanz statt, ein schönes Bild, kaum Dramatik. Nicht alle haben die Sprechklarheit von Viet Anh Alexander Tran. Viel versandet im Ungefähren.

Termine: 5. / 25. 5., 9. / 19. 6.;
Karten: Tel. (0231) 50 2 72 22 oder www.theaterdo.de.