Sieben Monate Sex
Der kleine Bühnenboden zeigt "Dead men talking"
Eines ist jedem Lebewesen gewiss: seine Endlichkeit. Im Angesicht des Todes stellen sich die Fragen nach dem Sinn unseres Daseins neu. Die erzählenden Ichs des amerikanischen Neurowissenschaftlers David Eagleman betrachten in seinem Werk „Fast im Jenseits“ Zukunftsvisionen der besonderen Art. Sie befinden sich bereits auf der anderen Seite und berichten, was uns dort möglicherweise erwartet.

»Dead men talking« im Kleinen Bühnenboden: Ulrike Kinbach, Tilman Rademacher (vorne) und Detlef Sult.
Oder man stelle sich mal vor, es läge in der Hand eines jeden Einzelnen, zu entscheiden, als was er wieder geboren werden wolle. Als Pferd vielleicht? Doch welche unfassbaren Konsequenzen hätte dies für alle weiteren Leben, die da folgen werden? 40 Jenseitsfantasien enthält die Vorlage. Eine Handvoll derer fand den Weg auf die Bühne des Kammertheaters. Grotesk, melancholisch, skurril und immer wieder überraschend entfalten sich in den Monologen und Aktionen der Darsteller irrwitzige Welten. Als philosophisches Terzett: Ulrike Kinbach, Tilman Rademacher und Detlef Sult. Mit schrägem Humor und Präsenz agieren die drei inmitten des Publikums, dabei geht es bisweilen kräftig zur Sache. Wie wäre es zum Beispiel, wenn nach dem Tod unsere Identität sich aufspaltete in diverse Über-Ichs? Wäre das ältere wohl zufrieden mit dem, was sein jüngeres Ich so veranstaltet? Und erst recht umgekehrt?
Ein paar Friedhofslichter, Schnäpschen und Butterkuchen sowie eine Hängematte genügen, um dem Tod rasch seinen Schrecken zu nehmen. Langeweile kommt hier nicht auf. Gleichwohl erfordern die Texte eine hohe Konzentration auf beiden Seiten. Kinbach, Rademacher und Sult machen vor allem eines: Sie lassen sich Zeit, ihre Gedanken klar und nachvollziehbar zu entfalten. Und sie hören einander wirklich und wahrhaftig zu. Das macht Laune und lässt auch über manch eine kleine Textunsicherheit hinwegsehen. Untermalt und begleitet wird die Inszenierung von den atmosphärischen Gitarrenklängen des Musikers Krümmel. Entstanden ist ein dichter, keineswegs schwermütiger, sondern lustvoll amüsanter Theaterabend.