
© Marcel Drawe
Seniorenheime wollen zur Normalität zurück – mit Programm für die Bewohner
Ehrenamt
Lange Zeit lebten sie in einem besonders geschützten Raum: Menschen in Pflegeheimen. Doch mit dem Impffortschritt geht das gesellige Leben wieder los – und Ehrenamtler kommen zu Besuch.
Das erste Konzert hat es bereits gegeben. Das musikalische Programm der nächsten Wochen steht. Für die Bewohner des Hermann-Görlitz-Seniorenzentrums der Awo wendet sich das Leben langsam aber sicher wieder in Richtung Normalität. „Auch unsere Ehrenamtlichen fangen langsam wieder an“, freut sich darüber wohl niemand mehr als Einrichtungsleiter Ludger Moor.
Ehrenamtler bringen vor allem eines mit: Zeit
Denn gerade für Menschen, die gar keine Angehörigen mehr haben oder nur in großer Entfernung, waren die vergangenen Monate eine Tortur. Der Besuch von Ehrenamtlern, die gezielt zu ihnen kommen, reden, spielen, spazieren gehen oder vor Corona auch mal mit zum Einkaufen – all das gab es in den vergangenen Monaten nicht. „Zuvor wurde immer das gemacht, was unsere Bewohner sich wünschten“, erklärt Moor. Dass es nun langsam aber sicher wieder bergauf geht, das freut ihn spürbar.
Impfquote wird hoch gehalten
Zum fünften Mal war nun schon ein Impfteam im Zentrum, denn immer wieder kommt es zu Zuzügen im Seniorenheim, „und wir wollen die Impfquote bei uns hoch halten“, sagt Moor. Zuletzt ließ sich sogar eine fast 100-Jährige impfen, die das zunächst abgelehnt hatte. „Die sagte am Anfang immer zu der Ärztin: `Mädchen, ich werd´ bald 100. Da braucht man das nicht mehr.` Doch letzte Woche stimmte dann auch sie der Impfung zu“, verrät Moor, dass man für manche Dinge im Leben eben nie zu alt sei.
Impfvordrängler haben keine Chance
In den Genuss einer Impfung aufgrund höherer Priorität kommen auch Menschen, die sich regelmäßig um ältere Leute kümmern. Dass dies aber ausgenutzt wird, stellt Moor nicht fest. „Die Anfragen halten sich bei uns in Grenzen. Akut kann ich nicht sagen, dass sich jemand mit Hintergedanken bei uns meldet.“ Kontakt suche lediglich das Stammpersonal an Ehrenamtlern, das nun wiederkommen wolle.
Zentrum setzt auf mittelfristige Dinge
“Aber wir setzen ohnehin auf mittelfristige Angebote. Ob Unterhaltungsprogramm oder Einzelbetreuung – das soll schon alles mehr als nur ein einmaliges Angebot sein“, erklärt Moor. Schließlich sollen sich die Bewohner auf die Abwechslung verlassen und entsprechend freuen können. Ernsthafte Gespräche gehen einem Engagement als Ehrenamtler im Hermann-Görtlitz-Zentrum daher voraus.
„Wenn die Leute dann Phantasievorstellungen haben, legen wir ihnen nahe, nochmals in Ruhe darüber nachzudenken.“ Und über diese Gespräche hofft Moor auch herauszufinden, wenn jemand mit seinem Engagement-Willen vorrangig einen Impf-Anspruch-Hintergedanken hegt.
Jahrgang 1979, aufgewachsen und wohnhaft in Bergkamen. Magister-Studium in Münster in Soziologie, Wirtschaftspolitik und Öffentlichem Recht. Erste Sporen seit 1996 als Schülerpraktikantin und dann Schüler-Freie in der Redaktion Bergkamen verdient. Volontariat und Redakteursstellen im Sauerland sowie Oldenburger Münsterland. Seit zehn Jahren zurück in der Heimat und seit Mai 2022 fest beim Hellweger angestellt.
