Selenskyj über Krieg in der Ukraine: „Wir sterben auch für Sie und Ihre Freiheit“

Krieg gegen die Ukraine

Die Ukraine ist fest entschlossen. Um das Blutvergießen zu beenden, sei Präsident Selenskyj gegenüber Putin aber kompromissbereit – allerdings nicht um jeden Preis.

Kiew

10.03.2022, 06:53 Uhr / Lesedauer: 2 min
Der Präsident der Ukraine Wolodymyr Selenskyj betonte im Interview bei "Bild TV", dass die im Kampf gefallenen Soldaten auch für die Freiheit Europas gestorben seien.

Der Präsident der Ukraine Wolodymyr Selenskyj betonte im Interview bei "Bild TV", dass die im Kampf gefallenen Soldaten auch für die Freiheit Europas gestorben seien. © picture alliance/dpa/Office of the President of Ukraine

Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beschränke sich der Kampf gegen Russlands Angriffskrieg nicht nur auf die Verteidigung des eigenen Landes, sondern auf ganz Europa. „Wir sterben auch für Sie und Ihre Freiheit“, sagte er am Mittwochabend in einem Interview bei „Bild TV“. In dem aufgezeichneten Gespräch sprach er zudem von einer „humanitären Katastrophe“ in vielen Städten des Landes. Er klagte an: Hilfskonvois, die auf dem Weg in belagerte Krisengebiete seien, um die dort ausharrenden Menschen mit Lebensmitteln und Medizin zu versorgen, würden „von russischen Truppen beschossen“.

Bereits in einem zuvor am Mittwoch erschienen Interview mit der „Süddeutsche Zeitung“ gab er zu, nicht von der Invasion, aber von der Brutalität des Krieges überrascht zu sein. „Das, was russische Soldaten der Zivilbevölkerung antun, ist nicht nachvollziehbar für mich.“ Vor allem vom Tod eines Mädchens in der belagerten Hafenstadt Mariupol, das unter den Trümmern eines zerstörten Hauses verdurstet sein soll, zeigte sich Selenskyj im Bild-Gespräch erschüttert. Darin verurteilte er Russland zudem für einen perfiden Angriff auf eine Kinderklinik in der gleichen Stadt am Mittwoch vor. „Leute, die sowas veranlassen, sind Tiere“, sagte er.

Hohe Energiepreise und andere materielle und finanzielle Folgen des Krieges seien für ihn und die Menschen im Land aktuell nicht relevant. „Der wahre Wert im Krieg ist, dass du lebst und nicht ermordet wirst“, so der Präsident. „Das wahre Glück ist das Leben selbst.“

„Putin muss wissen: Wir sind aus Eisen“

Die Rolle der Bundesregierung wollte Selenskyj nicht bewerten, dies werde er nach dem Krieg tun. Erst dann zeige sich das gesamte Ausmaß der Zerstörung und der Opferzahlen. Er ließ aber durchblicken: „Sie denken in erster Linie an ihr eigenes Land.“ Dies sei auch selbstverständlich. Die Unterstützung wirke häufig „zögerlich“. Unter diesem Aspekt rief er die deutsche Politik auf, sich in die Situation der Menschen in der Ukraine zu versetzen. „Ich wünsche Deutschland nicht den Schmerz, den wir spüren müssen.“

Trotz der fortlaufenden Angriffe der russischen Streitkräfte betonte der ukrainische Präsident erneut, dass er Kiew nicht verlassen werde. „Ich muss da sein, wo mein Volk ist.“ Seine Anwesenheit solle ein eindeutiges Zeichen in Richtung Moskau senden: „Putin muss wissen: Wir sind aus Eisen.“ Trotz aller Warnungen vor möglichen Anschlägen auf ihn, habe er keine Angst. Der Grund: „Das Schlimmste, was passieren konnte, ist schon passiert: der Krieg.“ Er und die Menschen in der Ukraine würden ihr Land aber unter keinen Umständen herschenken. „Wir glauben an die Zukunft und werden nicht aufgeben“, sagte er und weiter: „Ich mache es für meine Kinder und meine Enkelkinder.“

Selenskyj: kompromissbereit für Frieden mit Russland

Vor den Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew über eine mögliche Friedenslösung am Donnerstag betonte Selenskyj seine Kompromissbereitschaft. „In jeder Verhandlung ist mein Ziel, den Krieg mit Russland zu beenden. Und ich bin auch bereit zu bestimmten Schritten“, sagte er vor dem Treffen seines Außenministers Dmytro Kuleba und des russischen Außenamtschefs Sergej Lawrow in der Türkei.

„Man kann Kompromisse eingehen, aber diese dürfen nicht der Verrat meines Landes sein“, betonte Selenskyj, ohne Details zu nennen. Allerdings müsse auch die Gegenseite zu Kompromissen bereit sein.

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Über die Details wollte er öffentlich „noch nicht reden“, zumal er noch keinen direkten Kontakt mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin habe. „Nur nach den direkten Gesprächen zwischen den zwei Präsidenten können wir diesen Krieg beenden.“

Russland fordert von der Ukraine, die Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisches Territorium und die abtrünnigen „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anzuerkennen. Zudem soll sich Kiew verpflichten, nicht der Nato beizutreten und neutral zu bleiben.

RND/jst mit Material der dpa

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