Seehofer verbietet rechtsextreme Gruppe „Combat 18″

Rechtsextremismus

„Combat 18“ gilt als bewaffneter Arm des in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerks „Blood and Honour“. Nun hat Bundesinnenminister Horst Seehofer die rechtsextreme Gruppe verboten. Es gab Durchsuchungen.

Berlin

23.01.2020, 07:55 Uhr / Lesedauer: 2 min
Sichergestellte Waffen und ein Schild der kriminellen Neonazi-Gruppe „Combat 18“

Sichergestellte Waffen und ein Schild der kriminellen Neonazi-Gruppe „Combat 18“ © dpa/Archiv

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die rechtsextreme Gruppe „Combat 18“ verboten. Das teilte der Sprecher des Ministeriums, Steve Alter, am Donnerstag mit.

Die Polizei durchsuchte am Morgen in Hessen, Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mehrere Objekte. Unter anderem auch ein Gebäude in Castrop-Rauxel. Das teilte eine Sprecherin des Landesinnenministeriums in Düsseldorf am Donnerstag mit. Weitere Objekte seien nicht betroffen. Nähere Details waren zunächst nicht zu erfahren. Bei den Durchsuchungen wurden auch „waffenrechtlich relevante Gegenstände“ beschlagnahmt.

Schwerpunkte der Aktion waren Thüringen und NRW. Stanley R., der als Rädelsführer und wichtige Figur in der Szene gilt, wurde den Angaben zufolge von der Polizei in Thüringen an seinem Arbeitsplatz angetroffen und zu seiner Wohnung gebracht, die durchsucht wurde. Zuvor hatte es geheißen, er sei festgenommen worden.

Wie das Innenministerium weiter mitteilte, nahmen die 210 Beamten, die am Donnerstag an dem Einsatz in sechs Bundesländern beteiligt waren, auch Mobiltelefone, Laptops, Datenträger, Tonträger, Kleidung, NS-Devotionalien und Propagandamittel mit.

„Das heutige Verbot ist eine klare Botschaft: Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz“, erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Er hatte das Verbot gegen die Gruppe, die von den Behörden als rassistisch und antisemitisch eingestuft wird, verfügt.

Seehofer: „Menschenverachtende Gesinnung“

Die Mitglieder von „Combat 18“ hätten vor allem durch die Produktion von Liedern mit rechtsextremen Inhalten und durch den Vertrieb dieser Musik ihre „menschenverachtende Gesinnung“ in die Gesellschaft zu tragen versucht, sagte Seehofer.

Nach der Terrorserie des NSU hätten zuletzt auch das Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und der Anschlag in Halle gezeigt, welche Gefahr vom Rechtsextremismus in Deutschland ausgehe.

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In mehreren Ländern aktiv

Die gewaltbereite rechtsextreme Organisation gilt als bewaffneter Arm des in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerks „Blood and Honour“ (Blut und Ehre). Sie hat ihren Ursprung in Großbritannien und ist in mehreren europäischen Ländern aktiv.

Die Zahl „18“ ist ein Szenecode für den ersten und den achten Buchstaben im Alphabet, also A und H - die Initialen von Adolf Hitler. Symbol der Gruppe, die sich auf einen „Rassenkrieg“ vorbereitet, ist der Drache. Neonazis, die sich „Combat 18“ zugehörig fühlen, tragen häufig schwarze T-Shirts oder Jacken mit der Aufschrift „C 18“.

Was ein Verbotsverfahren in den vergangenen Jahren erschwert hatte, ist das von „Combat 18“ propagierte Konzept des „führerlosen Widerstands“ weitgehend autonomer Zellen - auch wenn die Gruppen vernetzt und nach festgelegten gemeinsamen Richtlinien handeln. Geldquelle und Gelegenheit zum Kontakt sind Rechtsrock-Konzerte.

GSG 9 stoppte eine Sektion nach Schießtraining

Auf ihrer Rückfahrt von einem gemeinsamen Schießtraining in Tschechien im September 2017 wurden mutmaßliche Mitglieder einer Sektion von „Combat 18“ an der deutschen Grenze von der Spezialeinheit GSG 9 gestoppt. Die Bundespolizisten fanden Munition bei ihnen - der Fall landete schließlich vor Gericht.

Rufe nach einem Verbot der Gruppe und weiterer rechtsextremer Vereinigungen gibt es schon lange. Eine neue Dringlichkeit haben sie nach dem Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke erhalten, bei dem ein rechtsterroristischer Hintergrund vermutet wird. Der CDU-Politiker war im vergangenen Juni auf der Terrasse seines Hauses aus nächster Nähe erschossen worden. Haupttatverdächtiger ist Stephan E., der den Behörden wegen seiner Neonazi-Vergangenheit bekannt war. „Combat 18“ hatte sich danach in einem von den Sicherheitsbehörden als echt eingestuften Video von E. distanziert.

Werden weitere Verbote ausgesprochen?

Es wird erwartet, dass in den kommenden Monaten noch weitere Verbote ausgesprochen werden.

Keine Mitgliedschaft in einer Gruppe ist für den rechtsterroristischen Attentäter von Halle bekannt. Er hatte im vergangenen Oktober zwei Menschen getötet, nachdem er vergeblich versucht hatte, gewaltsam in eine voll besetzte Synagoge einzudringen.

Die Grünen-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag hatte im August eine neue Militanz der rechtsextremistischen Szene konstatiert und festgestellt, Angehörige von „Combat 18“ träten immer offensiver auf.

RND/dpa/kar