Schröder trifft Putin: Was über die geheime Moskau-Mission bekannt ist

Krieg in der Ukraine

Wegen seiner Freundschaft zum russischen Präsidenten Putin ist Ex-Kanzler Schröder in Deutschland zunehmend isoliert. Jetzt nutzt er sie für einen geheimen Vermittlungsversuch im Ukraine-Krieg.

Moskau/Berlin

11.03.2022, 07:43 Uhr / Lesedauer: 3 min
Wegen seiner Freundschaft zu Wladimir Putin ist Ex-Kanzler Gerhard Schröder (l.) zu Gesprächen mit dem Kreml-Chef aufgebrochen. Hier sind sie 2005 zu sehen.

Wegen seiner Freundschaft zu Wladimir Putin ist Ex-Kanzler Gerhard Schröder (l.) zu Gesprächen mit dem Kreml-Chef aufgebrochen. Hier sind sie 2005 zu sehen. © picture-alliance/ dpa/dpaweb/Archivbild

Altkanzler Gerhard Schröder ist in Moskau, um mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Gespräche über den Ukraine-Krieg zu führen. Entsprechende Berichte des Nachrichtenportals „Politico“ und der „Bild“-Zeitung wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt. Nach dpa-Informationen fand ein erstes Gespräch zwischen Schröder und Putin am Donnerstag statt. Ob weitere geplant sind, blieb zunächst unklar.

Aus der Bundesregierung war zuvor verlautet, dass die Reise nicht mit ihr abgesprochen gewesen sei. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Rande des EU-Gipfels in Versailles zu den Berichten über die Reise nur: „Ich möchte das nicht kommentieren.“

Schröders Ehefrau Soyeon Schröder-Kim veröffentlichte auf ihrer Instagram-Seite am Donnerstagabend ein Foto von sich mit gefalteten Händen und geschlossenen Augen, auf dem im Hintergrund die Basilius-Kathedrale am Roten Platz in Moskau zu sehen ist. Nach dpa-Informationen reisten Schröder und Schröder-Kim über Istanbul nach Moskau. Die Initiative für die Vermittlungsaktion soll von ukrainischer Seite ausgegangen sein.

Schröder ist seit langem mit Putin befreundet, der am 24. Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat. Der Altkanzler ist zudem für die Erdgas-Pipeline-Unternehmen Nord Stream 1 und 2 als Lobbyist tätig sowie Aufsichtsratschef beim russischen Ölkonzern Rosneft.

Auch nach Beginn des Ukraine-Kriegs hielt er trotz massiven Drucks auch aus seiner eigenen Partei an den Posten fest. Die SPD-Spitze hat Schröder bereits ultimativ aufgefordert, seine Mandate bei russischen Staatsunternehmen niederzulegen. Man erwarte eine „zeitnahe“ Antwort, hatte Parteichef Lars Klingbeil vor einer Woche gesagt. Bisher ist eine solche Antwort Schröders aber nicht bekannt. Ein SPD-Ortsverein hat bereits den Parteiausschluss Schröders beantragt.

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Am Donnerstagabend äußerte sich Klingbeil in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ vorsichtig positiv zur Moskau-Reise Schröders. „Alles was hilft gerade, um diesen furchtbaren Krieg zu beenden, ist ja willkommen“, sagte er. Ob es etwas nütze, werde man sehen. Auf jeden Fall aber sei gerade jede Gesprächssituation „erstmal was Vernünftiges“.

Er selbst habe nichts von einem Besuch Schröders in Russland gewusst, sagte Klingbeil. „Er ist weder im Auftrag der SPD noch im Auftrag der Bundesregierung unterwegs.“ Regierungsvertreter, mit denen er gesprochen habe, hätten auch nichts von einem Treffen gewusst.

Schröder in Moskau - „Jede Chance sollte ergriffen werden“

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), sagte im ZDF: „Jede Chance sollte ergriffen werden, um die Waffen zum Schweigen zu bringen. Und da geht’s mir nicht um Gerhard Schröder oder irgendjemand anderen. Es geht mir um die Menschen in der Ukraine, die hätten das nämlich verdient. Deswegen drücke ich die Daumen.“

Nach dem Bericht von „Politico“ ist die Reise von einem Kiewer Politiker eingefädelt worden. Am Montag sei das Ehepaar Schröder-Kim zunächst nach Istanbul gereist, wo der Altkanzler eine ukrainische Delegation getroffen habe. Seine anschließende Bitte bei Putin um ein Treffen soll innerhalb von zehn Minuten positiv beantwortet worden sein. Am Mittwoch seien Schröder und Schröder-Kim dann mit einer russischen Maschine nach Moskau gebracht worden.

Schröder-Kim hatte schon Samstag auf Instagram geschrieben: „Ihr könnt sicher sein, was auch immer mein Mann tun kann, um zur Beendigung des Krieges beizutragen, wird er tun und zwar unabhängig von Ultimaten der SPD oder anderen Organisationen wie etwa dem DFB.“

Von ukrainischer Seite gab es zunächst keinen Kommentar zu der Moskau-Reise Schröders. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagnachmittag: „Mir ist davon nichts bekannt.“

Botschafter Melnyk befürwortete Vermittlungsversuche von Schröder

Melnyk hatte einen Vermittlungsversuch Schröders allerdings vor einer Woche in einem Interview befürwortet. „Er ist einer der wenigen hier in Deutschland, die womöglich noch einen direkten Draht zu Herrn Putin haben. Es gibt keinen, der so etwas hat in Deutschland und den anderen europäischen Ländern“, sagte der Botschafter der „Bild“.

Schröder hat sich seit Kriegsbeginn erst einmal öffentlich zu dem russischen Einmarsch in die Ukraine geäußert. Am 24. Februar forderte er im Online-Netzwerk LinkedIn Russland dazu auf, den Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden. Gleichzeitig betonte er, dass bei notwendigen Sanktionen die politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Verbindungen zwischen Europa und Russland nicht ganz gekappt werden dürften.

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer hat Schröders Treffen mit Putin begrüßt. „Ich glaube, dass alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, um Gesprächskanäle herzustellen“, sagte Nehammer in der Nacht zum Freitag am Rande des EU-Gipfels in Versailles bei Paris. Die Qualität der Vermittlungsbemühungen werde man bewerten müssen, wenn Schröder dann über Ergebnisse berichte.

Nehammer wandte sich nach dem ersten Gipfeltag zudem klar gegen Forderungen von Ländern wie Polen, ein Einfuhrverbot für russisches Gas zu beschließen, um Russland eine seiner Haupteinnahmequellen für die Finanzierung des Kriegs gegen die Ukraine zu nehmen. „Österreich kann jetzt nicht sagen, wir verzichten auf russisches Erdgas, wir brauchen es“, sagte Nehammer. „Das ist derzeit noch ein Faktum.“

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