Schrittmacher-Hersteller warnt Herzpatienten
Fragen und Antworten
Bei in Deutschland tausendfach transplantierten Herzdefibrillatoren kann es zu einem unerwarteten Ausfall kommen. Zwei Menschen sind in Europa an den Folgen der Störungen gestorben. Der Hersteller St. Jude Medical warnt Ärzte und Patienten. Wir erklären Hintergründe zu dem Thema.

Ein Patient mit einem fehlerhaften Defibrillator muss nach den neuesten Warnungen nicht zwingend in den OP.
Wo liegt das Problem bei den defekten Defibrillatoren?
In den Lithium-Batterien. Laut dem Hersteller St. Jude Medical können diese sich vorzeitig entladen. Bei 841 von weltweit 398.740 Geräten war dies bereits der Fall. Wie viele noch betroffen sind, ist unklar. In 46 Fällen kam es aufgrund von Lithium-Ablagerungen zwischen dem Plus- und Minuspol der Batterie zu einem Kurzschluss.
Was waren die Folgen?
Zwei Menschen starben, mindestens einer davon, weil die Batterien nach einer Warnmeldung nicht rechtzeitig getauscht werden konnten, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Aussagen des Herstellers. In zehn Fällen kam es laut einer Mitteilung von St. Jude Medical zu einem Bewusstseinsverlust, 37 Patienten erlitten Schwindelattacken. In 746 Fällen war zwar ein chirurgischer Eingriff nötig, die Patienten zeigten aber zuvor keine Symptome.
Sind auch klassische Herzschrittmacher betroffen?
Nein. Bei den betroffenen Geräten handelt es sich nach bisherigem Kenntnisstand ausschließlich um sogenannte ICD- und CRT-D-Implantate mit einer Energieabgabe von 40 Joule. Diese kombinieren die Funktion eines Defibrilators mit bestimmten Schrittmacherfunktionen. Bei herkömmlichen Herzschrittmachern ohne Defibrillatorfunktion sowie bei Geräten mit einer Energieabgabe von 36 Joule gab es bislang keine Probleme.
Was sollten Patienten jetzt tun?
Auf der Internetseite des Herstellers (https://www.sjm.com/batteryadvisory) können Patienten, die die Modell- und Seriennummer ihres Gerätes kennen, überprüfen, ob es von dem Defekt betroffen ist. Allerdings ist der Service bislang nur in englischer Sprache verfügbar. Der Hersteller St. Jude Medical hat aber auch alle Stellen informiert, die die Implantate bei Patienten eingepflanzt haben und diese aufgerufen, betroffene Patienten zu kontaktieren und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu besprechen. Auch wurden Kliniken gewarnt, eventuell noch vorhandene Schrittmacher nicht mehr zu verwenden sondern vom Hersteller austauschen zu lassen.
Muss ein potenziell defektes Implantat generell ausgetauscht werden?
Nein, sagt Hersteller St. Jude Medical. Das Risiko, das von den Implantaten ausgehe, sei niedriger als das einer weiteren Herzoperation. Auch Dietrich Andresen, Kardiologe und Vorstandsmitglied bei der Deutschen Herzstiftung, sagt: „Man muss abwägen, ob ein Eingriff nicht riskanter ist. Denn das Infektionsrisiko liegt bei drei Prozent. Je häufiger ein Gerät ausgetauscht wird, desto höher ist die Chance auf eine Infektion." Das Klinikum Lünen empfiehlt einen Austausch bei Patienten, bei denen die Schrittmacherfunktion der Geräte im Vordergrund steht, einen Austausch.
Wer kontrolliert, ob Hersteller bei Vorfällen mit ihren Produkten angemessene Gegenmaßnahmen ergreifen?
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Kommt es bei einem Medizinprodukt zu schwerwiegenden Problemen, sogenannte „Vorkommnisse“, ist der Hersteller verpflichtet, dieses binnen 30 Tagen, bei „Gefahr im Verzug“ unverzüglich, zu melden. Auch kann er bereits geeignete Maßnahmen zur Beseitigung darlegen, wie etwa Rückrufe oder Nachkontrollen. Das BfArM nimmt daraufhin eine Risikobewertung vor und prüft, ob die angekündigten Maßnahmen angemessen sind. Falls das nicht der Fall ist, können die Behörden selbst geeignete Maßnahmen festlegen.