
© Dirk Berkemeyer
Sandra Nolte: „Wenn Laura fährt, dann rede und atme ich nicht“
Bobsport
Laura Nolte peilt in Peking olympisches Edelmetall an. Im aktuellen Interview geben die Eltern der Olympiastarterin viele emotionale Einblicke in ihr Familienleben.
Am Freitag hat Laura Nolte bei den Olympischen Spielen in Peking ihren nächsten Auftritt. Diesmal geht es im Zweierbob um olympische Meriten.
Im Vorfeld sprechen Lauras Eltern Sandra und Lukas Nolte im Interview mit unserer Redaktion über die aktuelle Situation. Zudem gibt es ein überraschendes Detail über Lauras Anfänge im Bobsport.
Familie Nolte, für Ihre Tochter geht es am Freitag und Samstag bei den Olympischen Spielen in Peking erneut um Edelmetall. Wie ist die aktuelle Gefühlslage?
Sandra Nolte: Bis zum Wettkampf ist es ganz normal. Aber am Wettkampftag bin ich aufgeregt, angespannt und voller Vorfreude. Wenn Laura fährt, dann spreche und atme ich nicht (lacht). Da bin ich absolut fokussiert.
Lukas Nolte: Ich bin kurz vor dem Rennen auch angespannt. Wenn Laura fährt, dann muss Ruhe sein. Da kann ich eine Ablenkung nicht gebrauchen.
Das heißt also, dass es mucksmäuschenstill sein wird, wenn Laura am Freitag und Samstag die Bobbahn herunterfährt.
Sandra Nolte: Am Freitag werden wir auf jeden Fall ganz allein die ersten beiden Läufe schauen. Am Samstag haben wir dann ein paar enge Freunde eingeladen. Aber auch hier ist der Kreis klein und sehr überschaubar.
Im Monobob hat Laura den vierten Rang belegt. Danach war sie im Zielraum zu sehen und hat einige Tränen verdrückt.
Lukas Nolte: Ja, das war schon heftig. Für mich gibt es hier die sportliche und menschliche Komponente. Sie hat die Läufe zwei und drei verpatzt. Da war klar, dass es mit der Medaille eng werden würde. Rein sportlich betrachtet, war das also normal. Als Vater tut es dir natürlich in der Seele weh, wenn du deine Tochter weinen siehst.

„Als Bobsportlerin muss man hart sein im Nehmen, der Bob ist ja nicht übermäßig gepolstert“, sagt Sandra Nolte, Mutter von Olympia-Starterin Laura Nolte. © Dirk Berkemeyer
Aber das ist bei ihr jetzt abgehakt?
Sandra Nolte: Auf jeden Fall. Am Wochenende werden wir die kämpferische Laura sehen. Das haut sie nicht um. Der Kopf wird keinesfalls in den Sand gesteckt.
Das klingt nach ganz viel Motivation. Und Angriffslust...
Sandra Nolte: Das hatte sie ja schonmal. Bei der WM 2020 in Altenberg ist sie im zweiten Lauf gestürzt und hat die WM danach abgebrochen. Wenig später ist sie nach Altenberg zurückgekehrt und hat alles in Grund und Boden gefahren.
Apropos Stürze. Wenn man das dann sieht, als Eltern. Das muss man nicht wirklich haben, oder?
Lukas Nolte: Nein, in der Tat. Das ist schon brutal. Diese Gefahr fährt im Eiskanal immer mit. Damit muss man klarkommen.
Sandra Nolte: Es sind aber nicht nur die Stürze. Gerade in den Anfängen ihrer Bobzeit kam sie häufig mit dunkelblauen Oberschenkeln und Oberarmen nach Hause. Als Bobsportlerin muss man hart sein im Nehmen, der Bob ist ja nicht übermäßig gepolstert.
Apropos Anfänge: Wie ist Laura eigentlich zum Bob gekommen?
Sandra Nolte: Anfangs war sie Leichtathletin. Mit elf Jahren ist sie dann in die Leistungsgruppe von Marcus Hoselmann gewechselt. Und der hat dann auch klargemacht, dass sie zu Anschubtests nach Winterberg fährt.
Was denkt man, wenn die Tochter plötzlich vor einem steht, mitten im Flachland, und sagt, dass sie nun Bobsport machen will?
Sandra Nolte: (lacht) Ich hab gedacht, das hält sie nie durch. Sie hat früher immer gefroren und jetzt ausgerechnet das! Also mir war klar, dass sie da maximal zwei bis dreimal hinfährt.
Das ist dann am Ende wohl doch nicht so hingekommen.
Lukas Nolte: Nein, nicht ganz. Der Bundestrainer hat früh ihr Talent erkannt und sie gefördert. Und Laura hat dann auch ihren Spaß am Bobsport entdeckt. Nach der Jugendolympiade war klar, dass sie die Piloten-Karriere einschlagen wird.

Im Wohnzimmer verfolgen Sandra und Lukas Nolte die Rennen ihrer Tochter vor dem Fernseher und sind gespannt. © Dirk Berkemeyer
Und wie gelingt es Ihnen, sein Kind ständig nach Winterberg zu fahren?
Sandra Nolte: Naja, das ging ganz einfach. Ab zum Kreisel Unna-Ost und Laura dort mit ihren Sachen hingestellt.
Wie bitte?
Sandra Nolte: (lacht) Ganz einfach. Sie wurde mitgenommen von Christopher Weber und Pablo Nolte. Die kamen ja auch hier aus der Gegend und haben Laura dann dort eingesammelt und mit zum Training genommen. Das Training in Winterberg war nur am Wochenende. Und wenn das halt nicht ging, sind wir dann gefahren.
Über den Europacup hat sie schnell den Weg in den Weltcup gefunden. Als Familie ist es bestimmt sehr spannend, dann die Rennen live zu verfolgen.
Lukas Nolte: Das ist es in der Tat. Aber leider hatten wir gerade im Weltcup noch nicht so viele Chancen dazu. Bei den Europacups waren wir schon dabei. In Innsbruck, St. Moritz und so weiter. Aber als Laura in den Weltcup kam, ging es wenig später mit Corona los.
Gab es denn schon so etwas wie ein ganz besonderes Highlight?
Sandra Nolte: Ja, aber da waren wir live nicht dabei. Es war in La Plagne. Ihr zweites Rennen und der erste Sieg. Das war schon etwas ganz Besonderes. Die Freude im Zielraum, die Emotionen. Mein persönliches Highlight eben.
Viele Rennen fanden in letzter Zeit coronabedingt ohne Zuschauer statt. In dieser Saison war es extrem schlimm, oder?
Sandra Nolte: Ja, da waren wir nur einmal in Winterberg dabei. Mit der Familie und dem großen Fanclub.
Wenn man an der Bahn steht, erkennt man den Nolte-Fanclub sofort. Wer ist dort alles dabei?
Sandra Nolte: Es sind die Familien von Laura und von Debbie. Zudem enge Freunde von uns und von Laura.
Seit einiger Zeit hat auch der Klub ein einzigartiges Erkennungszeichen.
Lukas Nolte: Ja, wir haben vieles in Pink dabei. Laura liebt diese Farbe und der Fanclub präsentiert sich auch so.
Sandra Nolte: Als Laura in den Weltcup kam, gab es nicht viel Farbe. Alles war Einheitsbrei. Das hat sie geändert.
Zurück zum Sportlichen. Was kann am Wochenende gehen?
Lukas Nolte: Wenn man sich die Saison anguckt, dann hat sie schon Chancen auf Edelmetall. Dafür müssen natürlich viele Dinge stimmen. Aber sie kann es schaffen.
Sandra Nolte: Im Zweier scheint das Material der Deutschen sehr gut zu sein. Da kommen dann noch mehrere Favoriten aus dem eigenen Lager hinzu. Kim Kalicki und Mariama Jamanka werden sicher ein Wörtchen mitreden.