Ein Haufen schwarzer Müllsäcke – mehr ist da zunächst nicht auf der weiten Bühne. Und noch während der Ouvertüre kommt Angelina, das Aschenputtel, in blauer Arbeitskluft und Wollmütze und schiebt einen Reinigungswagen vor sich her.
Märchen geht irgendwie anders, mochte sich mancher Zuschauer bei diesem Auftakt von Rossinis „La Cenerentola“ am Aalto-Theater denken. Es brauchte tatsächlich Geduld, bis sich daran ein bisschen etwas änderte.

Vater Don Magnifico, der sich konsequent weigert, Angelina seine Tochter zu nennen, und die beiden fiesen Stieftöchter zeichnet Regisseur Bruno Klimek als prollige, verwahrloste Sippschaft in abgerissener, rokokohafter Kostümierung.
Prinz Don Ramiro und sein Diener Dandini unterscheiden sich von diesen Nichtsnutzen nur durch stilvolleres Äußeres – Kleider machen eben Leute.
Commedia dell’arte
Während der weite Bühnenraum weitgehend ungenutzt bleibt, setzt Klimek wesentlich auf Situationskomik im Stil der Commedia dell’arte, der italienischen Stegreifkomödie, was – lässt man sich darauf ein – auch glänzend funktioniert. Denn alle im Solistenensemble machen spielfreudig mit.
Magische Momente
Und dann gibt es eben doch ein paar magische Momente: Alidoro, der vermeintliche Bettler, der das Aschenputtel als gute Fee fürs Fest herausputzt, entsteigt ihrem Müllhaufen und wird zur goldenen Lichtgestalt.
Im zweiten Akt fegt er – wieder zum Müllsammler geworden, nun aber virtuos dargestellt vom akrobatischen Tänzer Francesco Matejcek – zu den Klängen eines Orchestergewitters als Wirbelwind über die Bühne. Als Regen fallen goldene Aschenputtelschuhe.
Sängerisches Traumpaar
Sängerisch sind Liliana de Sousa als Angelina und der junge Ukrainer Mykhailo Kushlyk als Don Ramiro in Essen mit Belcanto vom Feinsten ein wahres Traumpaar. Sie bezaubert durch die wunderbare Wärme und galante Geschmeidigkeit ihres dunkel grundierten, halsbrecherische Koloraturen mühelos meisternden Mezzosoprans, er lässt seinen Tenor lyrisch betören und höhensicher strahlen. Das erste gemeinsame Duett der beiden, zu dem sie ihm einen Besen in die Hand drückt, ist ein unübertroffener Höhepunkt des Abends.
Homogenes Ensemble
Um sie herum gruppiert sich, angeführt vom ungemein witzigen Bass-Buffo Vincenzo Nizzardo in der Rolle des Don Magnifico, das weitere, sehr homogene Solistenensemble.
Der italienische Kapellmeister Tommaso Turchetta lässt die Essener Philharmoniker federnd und transparent aufspielen und die für Rossini so typischen Crescendo-Wellen eindrucksvoll durchs Orchester rollen.
Bei der Premiere reichte das am Ende dennoch insgesamt nur für mäßigen Beifall.
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Termine: 13. / 22. / 31.12., 3.1., 6. / 23.2., 9.3., 23.4., 15.5.; Karten: Tel. (0201) 812 22 00 Hier gibt es Karten:
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