Putin billigte wahrscheinlich Litwinenko-Mord

Abschlussbericht zu Attentat

Wahrscheinlich mit Zustimmung von Wladimir Putin ist der Journalist Alexander Litwinenko laut einem Untersuchungsbericht ermordet worden. Den Giftmord soll der russische Geheimdienst FSB im Jahr 2006 in Auftrag gegeben haben. Russland hält den Bericht für "politisch motiviert" und droht Großbritannien.

LONDON

21.01.2016, 11:00 Uhr / Lesedauer: 2 min
Der Mord an Kreml-Kritiker Alexander Litwinenko hatte einem Untersuchungsbericht zufolge die Zustimmung Putins.

Der Mord an Kreml-Kritiker Alexander Litwinenko hatte einem Untersuchungsbericht zufolge die Zustimmung Putins.

Richter Robert Owen, der die gerichtliche Untersuchung des Falls in London leitete, veröffentlichte am Donnerstag den über 300 Seiten starken Abschlussbericht. Darin schreibt Owen, die Täter hätten den 43-Jährigen im Jahr 2006 sehr wahrscheinlich im Auftrag des russischen Geheimdienstes FSB vergiftet. Die Tat sei vom damaligen FSB-Chef Nikolai Patruschew "wahrscheinlich gutgeheißen worden und auch von Präsident Putin."

Allerdings ist diese gerichtliche Untersuchung nicht mit einem Prozess gleichzusetzen und hat deshalb keine direkten strafrechtliche Konsequenzen. Für seine Schlussfolgerung spräche aber die Kommandostruktur des Geheimdienstes, über die Zeugen in den Anhörungen gesprochen hatten.

Litwinenko beschuldigte Putin

Litwinenko, ein früherer russischer Agent, war im November 2006 mit 43 Jahren in London an einer Vergiftung mit radioaktivem Polonium 210 gestorben. Er gehörte zu den schärfsten Kritikern der russischen Regierung. Unter anderem hatte er den Geheimdienst beschuldigt, für Bombenanschläge auf Wohnhäuser in Russland verantwortlich zu sein, die 1999 einen Vorwand für den zweiten Tschetschenien-Krieg liefern sollten. Kurz vor seinem Tod beschuldigte er auch Präsident Wladimir Putin, den Mord an ihm in Auftrag gegeben zu haben. 

Russischer Justizsprecher: Kein Verfahren gegen Beschuldigte

Für erwiesen hält Richter Owen, dass die Russen Andrej Lugowoi und Dmitri Kowtun ihren Landsmann Litwinenko, der in London im Exil lebte, im November 2006 mit radioaktivem Polonium 210 absichtlich tödlich vergiftet haben. Gegen sie besteht in Großbritannien Haftbefehl, ihre Auslieferung lehnt Russland aber ab. Moskau werde auf einer solchen Grundlage kein Verfahren gegen Lugowoi und Kowtun eröffnen, sagte der Justizsprecher. 

Der Beschuldigte Andrej Lugowoi wies die Anschuldigungen aus Großbritannien als "absurd" zurück. "Die Ergebnisse bestätigen die antirussische Position Londons sowie die Engstirnigkeit und Unlust der Engländer, den wahren Grund für den Tod von Litwinenko festzustellen", sagte Lugowoi der Agentur Interfax zufolge. Lugowoi ist inzwischen Abgeordneter der Staatsduma und genießt diplomatische Immunität.

Beziehungen zwischen London und Moskau angespannt

Owens Bericht ist diplomatisch heikel. Die britische Regierung wollte verhindern, dass der Fall öffentlich wieder aufgerollt wird, doch Litwinenkos Witwe Marina setzte sich vor Gericht durch. Ein russischer Justizsprecher nannte die Untersuchungsergebnisse laut der Agentur Interfax "politisch motiviert". Großbritanniens Premierminister David Cameron hält die Ergebnisse seiner Sprecherin zufolge dagegen für "extrem verstörend". Sie bestätigten, was frühere Regierungen bereits angenommen hätten. Die Regierung überlege nun, wie weiter vorgegangen werden solle.

Ein ranghoher Diplomat in Moskau sagte, Russland werde einen offiziellen Kommentar nach Prüfung des Untersuchungsberichts abgeben. Schon jetzt sei aber klar, dass die Ergebnisse "nicht ohne Auswirkungen" auf das bilaterale Verhältnis bleiben würden. Die Beziehungen zwischen London und Moskau gelten als angespannt. 

 

Mit Material der dpa.

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