
Pro und Contra: Dürfen Vereine Fußballer abwerben, die schon woanders zugesagt haben?
Meinung
Wenn ein Fußballverein einen Spieler trotz Zusage von der Konkurrenz abwirbt, sorgt das regelmäßig für Entrüstung. Wir diskutieren: Dürfen Vereine Spieler ansprechen, die woanders im Wort stehen?
Es ist ein immer wiederkehrendes Ärgernis im Amateurfußball: Spieler wechseln den Verein, obwohl sie bereits bei ihrem ursprünglichen Klub für die nächste Spielzeit zugesagt haben. Besonders groß ist die Entrüstung dann, wenn bereits bekannt ist, dass der Spieler eigentlich bei seinem Klub im Wort steht - und dann trotzdem von einem anderen Verein umgarnt wird. Wir diskutieren deshalb im Pro und Contra: Dürfen Vereine Fußballer abwerben, die schon woanders zugesagt haben?
Pro: Ja, das ist zwar nicht ehrenwert - aber absolut legitim.
Natürlich ist es aus moralischer Sicht nicht die feine englische Art, einen Spieler anzusprechen und abzuwerben, der bei einem anderen Verein im Wort steht. Darüber gibt es keine Diskussion. Allerdings: Es gibt ebenfalls keine Zweifel daran, dass diese Praxis im Amateurfußball bereits weit verbreitet ist. Das ist nun mal die unschöne Realität.
Es ist wie in der freien Marktwirtschaft: Jedes Unternehmen möchte erfolgreich sein - und versucht deshalb, das bestmögliche Personal für sich zu gewinnen. Hier ist es seit Urzeiten gang und gäbe - und gesellschaftlich übrigens völlig legitim -, dass gutes Personal mit noch besseren Angeboten von der Konkurrenz abgeworben wird. So läuft das Spiel. Warum sollte es im Fußball anders sein?
Drei Wege, mit der Thematik umzugehen
Jetzt gibt es für Vereine verschiedene Wege, mit der Thematik umzugehen. Entweder man bejammert in aller Öffentlichkeit die Zustände im Amateurfußball und guckt auch in Zukunft bei der Personalplanung in die Röhre. Oder man schafft solch attraktive Strukturen, dass Spieler vor den Avancen anderer Klubs möglichst gefeit sind. Oder aber man wischt sich den Mund ab und schaut nach personellem Ersatz - zur Not ebenfalls bei anderen Vereinen.
Was Fußballklubs allerdings tunlichst unterlassen sollten: Sich erst öffentlich über das Gebaren anderer Vereine beschweren und dann selber in die gleichen Muster verfallen. Denn solch eine Doppelmoral beschädigt das Image viel stärker als jeder sportlich motivierte Abwerbeversuch.
von Marc-André Landsiedel
Contra: Nein, diese Allüren haben im Amateurfußball nichts zu suchen.
Was im Profifußball - bei Spielern und Trainern - schon seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, hielt in der Vergangenheit auch nach und nach Einzug in den Amateur-Bereich. Und damit wird ein ganz fatales Signal gesendet.
Nicht nur der wechselnde Spieler muss sich mit dem Vorwurf des Wort- und Vertrauensbruchs auseinandersetzen. Auch der abwerbende Verein wirft ein ganz schlechtes Licht auf sich selbst. Was sagt es schließlich über einen Klub aus, der Spieler umgarnt, die keinerlei Wechselambitionen hegen? Ein anständiger und respektvoller Umgang zwischen Amateurvereinen sieht jedenfalls anders aus.
Die Klubs schaufeln sich ihr eigenes Grab
Darüber hinaus schaufeln sich die Klubs mit diesem Gehabe ihr eigenes Grab. Denn wer jetzt auf der vermeintlich glücklichen Seite sitzt und einen Spieler verpflichtet hat, der seinem Ex-Verein eigentlich zugesagt hatte, kann schon bald die Kehrseite kennenlernen: Die eigenen Spieler werden wortbrüchig, weil plötzlich doch ein anderer Klub um die Ecke kommt und mit einer höheren Aufwandsentschädigung oder einer besseren Liga wirbt - und dann ist das Gejammer groß.
Planungssicherheit? Fehlanzeige. Die Worte der Spieler verlieren an Wert, der Respekt der Vereine untereinander schwindet. Das mag sich im Profigeschäft etabliert haben - im Amateurfußball können wir auf derartige Allüren aber verzichten.
von Jari Sprenger
2014 als Praktikant in der Sportredaktion erstmals für Lensing Media aufgelaufen – und als Redaktionsassistent Spielpraxis gesammelt. Im Oktober 2017 ablösefrei ins Volontariat gewechselt und im Anschluss als Stammspieler in die Mantel-Redaktion transferiert. 2021 dann das Comeback im Sport, bespielt hauptsächlich den Kreis Unna.

Seit 2019 als freier Mitarbeiter für Lensing Media im Einsatz. Hat ein Faible für sämtliche Ballsportarten und interessiert sich für die Menschen, die den Sport betreiben - von der Champions League bis zur Kreisliga.
