Das Wasser in Doris Dörries Schwimmbad ist ein buntes Wimmelbild mit Damen aller Ethnien und jeden Alters. Erst gibt es Konflikte und Stunk, am Ende raufen sich alle zu einer fidelen Spaßgesellschaft zusammen.

Das Wasser in Doris Dörries Schwimmbad ist ein buntes Wimmelbild mit Damen aller Ethnien und jeden Alters. Erst gibt es Konflikte und Stunk, am Ende raufen sich alle zu einer fidelen Spaßgesellschaft zusammen. © Constantin Film

Das „Freibad“ von Doris Dörrie ist für Frauen reserviert

rnKino-Tipp: „Freibad von Doris Dörrie“

Ein Schwimmbad nur für Frauen, die vieles verhandeln, was Politik und Gesellschaft heute umtreibt. Das ist die Idee hinter Doris Dörries Film „Freibad“. Aber geht dieses Konzept auf?

von Kai-Uwe Brinkmann

Dortmund

, 01.09.2022, 10:18 Uhr / Lesedauer: 2 min

Multikulti in einem Schwimmbad, das für Damen reserviert ist. Die Badeanstalt als Metapher für unsere Demokratie, in der alle einen Platz an der Sonne wollen und Konflikte an der Tagesordnung sind.

Auf dem Papier mag die Idee hinter dem neuen Doris Dörrie-Film reizvoll und vielversprechend sein. Doch dann entpuppt sich „Freibad“ als Ansammlung lahmer Sitcom-Momente und Spielwiese für klischeehafte Figuren, denen man anmerkt, dass sie Chiffren und Bedeutungsträger sind.

Es geht auch um Bodyshaming, Transsexualität und Integration

Die Geschichte um ein Planschbecken nur für Damen schwimmt sich nie richtig frei, auch wenn der Sommer-Pop des Soundtracks in Leichtigkeit macht. Gut vernehmbar wispert immer eine Agenda mit, die Themen wie Bodyshaming, Transsexualität, Ost-West-Dünkel, Integration, Verschleierung und Emanzipation verhandelt.

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Die geschilderten Konflikte, etwa zwischen später Feministin (Andrea Sawatzki) und Türkin im Burkini (Nilam Farooq) kippen nicht selten ins Zeigefingernde. „Sind wir damals auf die Straße gegangen, damit Frauen sich verhüllen?“, fragt die Veteranin der Frauenbewegung. „Ich fühle mich kein bisschen unterdrückt, ich trage genau, was ich will“, hält die Schöne im Burkini dagegen.

Die Lektionen sind verbissen und dogmatisch

Was Dörrie sagen will: Es gibt Muslima, die dem orthodoxen Dresscode folgen und dabei starke, selbstbewusste Vertreterinnen ihres Geschlechts sind. Hier ist Sawatzkis Deutsche die Verbissene und Dogmatische: nur eine der Lektionen, die uns der Film auf dem Silbertablett serviert.

Später provoziert die altgediente Feministin und FKK-Freundin die muslimischen Frauen, indem sie auf dem Rasen nackten Busen zeigt. Warum Andrea Sawatzki gleich in drei, vier Szenen blank zieht, weiß man nicht. Männlichen Regisseuren könnte man dies und das unterstellen, Doris Dörrie scheint es für komisch zu halten. Was es aber nicht ist.

„Freibad“ möchte auch als Sommerkomödie gelten

Womit wir bei der humoristischen Verpackung dieser Gesellschafts-Parabel sind. Bei aller menschenfreundlichen Botschaft möchte „Freibad“ auch für eine beschwingte Sommerkomödie gelten. Über kindischen Klamauk bis hin zu Tumult und Keilerei kommt der Film aber selten hinaus.

Es findet sich nicht ein Gag, geschweige denn eine clever gebaute Pointe, die das Zwerchfell erschüttern.

Die Bademeisterin ist eine Farbige, die schweren Schweizer Akzent spricht. In SUV-Limousinen fahren vollverschleierte Luxus-Damen vor, die im Frauenbad ihren safe space finden. Sie seien „Flüchtlinge“ aus der Schweiz (wo Burkas verboten sind), sagt die Araberin zur Farbigen – auf Schwyzerdütsch, hihi und haha.

Und plötzlich steht da ein Kerl im Frauenbad

Dann quittiert die überforderte Bademeisterin den Dienst und wird ersetzt. Durch einen Mann. Dicker Hund, unerhört, ein Kerl im Frauenbad! Vor der Anstalt protestieren aufgebrachte Frauen: „Wer hat uns verraten? Patriarchaten!“ Noch mehr Zoff am Beckenrand, die Saison scheint gelaufen.

Am Ende triumphiert die weibliche Solidarität, und dieser Bademeister ist so übel nun auch nicht. Alles wird gut, sagt Doris Dörrie. Im Freibad, im Leben, in unserem Land. Hoffen wir mal, dass sie recht hat.

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