Pinters „Asche zu Asche“ ist ein intensives Spiel mitten unter den Zuschauern

Schauspielhaus Bochum

Harold Pinters Theaterstück „Asche zu Asche“ in den Kammerspielen des Bochumer Schauspielhauses ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Am Freitag hatte es Premiere.

Bochum

, 16.02.2020, 14:34 Uhr / Lesedauer: 1 min
Guy Clemens und Elsie de Brauw spielen inmitten des Publikums auf der Bochumer Kammerspielbühne.

Guy Clemens und Elsie de Brauw spielen inmitten des Publikums auf der Bochumer Kammerspielbühne. © Isabel Machado Rios

Oberflächlich betrachtet wohnen die Zuschauer in Harold Pinters „Asche zu Asche“ einem Beziehungsstreit bei. Der Regie führende Dramaturg Koen Tachelet verfrachtet sie in den Kammerspielen des Bochumer Schauspielhauses auf die Bühne – der Publikumsraum bleibt leer. So können sie das intensive Spiel von Elsie de Brauw und Guy Clemens hautnah erleben, mit ihnen Schicht um Schicht eintauchen in diesen ungewöhnlichen Theatertext.

Scheinbar erzählt die Frau, Rebecca, ihrem Mann, Devlin, von einem gewalttätigen Liebhaber. Die Faust hat er ihr ins Gesicht gereckt und sie sollte sie küssen. Er hat seine Hand an ihre Kehle gelegt. Elsie de Brauw eröffnet den Abend, indem sie diese Situationen mit einer Mischung aus Schaudern, Faszination und kühler Distanz erzählt.

Verwirrte Rede

Guy Clemens scheint in seiner Rolle daran zu verzweifeln, Genaueres zu erfahren. Ist er ein eifersüchtiger Ehemann, der endlich Klarheit über einen Seitensprung will? Und lenkt Rebecca bloß ab, oder ist sie verwirrt, vielleicht sogar dement? Sie antwortet jedenfalls nie direkt auf seine Fragen, Erinnerungen und Träume, Realität und fantasierte Szene scheinen sich in ihren Redeanteilen zu vermischen.

Rebecca erzählt von Menschen, die durch einen Wald ans Meer geführt werden und dort ertrinken. Allein ihre Koffer schwimmen auf der Oberfläche. Gegen Ende dieses dichten, einstündigen Kammerspiels erinnert sie sich an eine Szene auf einem Bahnsteig, wo ihr Gefährte, ihr Liebhaber, ihr Mann auf- und abschreitet und schreienden Müttern ihre Babys aus den Armen reißt.

Kollektive Erinnerung

An dieser Stelle wird klar: Es geht nicht bloß um die persönliche, es geht um die kollektive Erinnerung in diesem Text. Es geht um die Gräueltaten, die Menschen einander antun können, darum, wie jeder spüren kann, dass die Möglichkeit dazu offenbar in uns angelegt ist. Harold Pinter hat „Asche zu Asche“ 1996 angesichts des Völkermords in Ruanda und der Balkankriege geschrieben und sich darin mit der Schoah beschäftigt.

Termine: 17. / 28. 2., 1. / 2. / 7. / 8. / 14. / 15. / 27. 3.; Karten: Tel. (0234) 33 33 55 55. www.schauspielhausbochum.de