Omikron: Kann man sich mehrfach mit der Virusvariante infizieren?
Coronavirus
Nicht nur Ungeimpfte infizieren sich zurzeit mit Corona, sondern auch Genesene und Geimpfte. Doch wie gut sind sie vor und nach einer Infektion mit Omikron geschützt? Ein Überblick.

Die Omikron-Variante infiziert aktuell etliche Menschen in Deutschland. © picture alliance/dpa
Tausende Menschen in Deutschland stecken sich zurzeit mit Omikron hat. Kommen sie in Kontakt mit der hochansteckenden Virusvariante, reagiert ihr Immunsystem mit der Bildung von Antikörpern, um den Erreger zu bekämpfen. Auch Gedächtniszellen entstehen, die sich bei einer erneuten Infektion an das Virus erinnern und sofort Abwehrreaktionen einleiten.
Wer sich mit Omikron angesteckt hat, besitzt danach also für bestimmte Zeit einen Immunschutz. Doch wie lange hält dieser Schutz an? Kann man sich nach einer Infektion noch einmal mit Omikron infizieren? Hilft die Immunität nach durchgemachter Infektion auch gegen andere Varianten? Und wie gut sind Geimpfte eigentlich geschützt? Fragen und Antworten zu Genesung und Impfung auf einen Blick:
Ich bin vollständig geimpft und habe mich mit Omikron infiziert. Wie hoch ist jetzt mein Schutz vor einer erneuten Infektion?
Wie hoch der Immunschutz genau ausfällt, lässt sich nicht sagen. Feststeht aber, dass sowohl die Impfungen als auch die Omikron-Infektion Immunreaktionen im Körper auslösen, die einen Schutz vor einer erneuten Ansteckung und einem schweren Krankheitsverlauf aufbauen.
Eine US-amerikanische Studie, die Ende Januar im Fachmagazin „Science Immunology“ erschienen ist, hatte etwa herausgefunden, dass die Kombination von Impfung und Infektion den Immunschutz erheblich verbessert – unabhängig davon, ob Menschen zuerst geimpft und dann infiziert sind, oder andersherum. Solche Probandinnen und Probanden hatten einen höheren Antikörperspiegel im Blut und die Antikörper konnten die Virusvarianten Alpha, Beta und Delta besser neutralisieren, sie wirkten also stärker.
Eine Ansteckung vermittle aber nur einen recht kurzfristigen Immunschutz vor erneuter Ansteckung, machten die Forscherinnen und Forscher deutlich. Eine Impfung hingegen schütze vor schweren Verläufen und Tod und verleihe in Kombination mit einer Infektion eine „Superimmunität“.
Ich bin nicht gegen Covid-19 geimpft und jetzt mit Omikron infiziert. Bin ich danach dauerhaft gegen die Virusvariante immun?
Einen dauerhaften Schutz wird eine Infektion mit Omikron wohl nicht bieten. Dennoch baut der Körper eine vorübergehende Immunität auf. Wie groß diese Immunantwort am Ende ist, lässt sich nicht voraussagen; denn sie kann bei jedem Infizierten unterschiedlich stark ausfallen. Auch der Krankheitsverlauf kann mitunter über die Immunität entscheiden.
„Wenn man sich einmal mit dem Virus auseinandergesetzt und vielleicht fünf Tage schlapp gefühlt hat, reicht das definitiv nicht aus, um eine lang anhaltende Immunität zu bekommen, insbesondere gegen neue Virusvarianten“, sagte Immunologe Prof. Reinhold Förster von der Medizinischen Hochschule Hannover Mitte Januar im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Zudem beeinflusst die Virusmenge die Immunreaktionen im Körper.
Außerdem sieht es so aus, als bräuchte das Immunsystem einen dreimaligen Kontakt mit dem Spike-Protein, dem Oberflächenprotein des Virus, um eine hochwertige Immunantwort zu erzeugen. Das beschrieben Prof. Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie an der Technischen Universität München, und ihr Team vor wenigen Tagen in ihrer Studie, die im Nature-Magazin erschienen ist.
„Unser Immunsystem braucht diesen dreimaligen Kontakt, um eine entsprechende Breite, aber auch eine entsprechende Stärke zu entwickeln“, sagte Protzer Mitte Januar dem Science Media Center. „Wenn ich jetzt eine Infektion mit Omikron durchgemacht habe, da hat mein Körper das einmal gesehen. Aber das wird noch nicht reichen, um diese optimale Stärke der Immunantwort auch zu bekommen.“ Es brauche dann entweder eine Impfung oder eine weitere Infektion, die in der Regel jedoch mit einer höheren Krankheitslast verbunden sei.
Ich habe mich mit Omikron infiziert. Heißt das, dass ich jetzt auch vor anderen Virusvarianten geschützt bin?
Eine Infektion mit Omikron sorgt nicht automatisch für einen Schutz vor anderen Virusvarianten. Virologin Protzer erklärte es so: „Unsere Immunantwort erkennt immer das, was wir ihr präsentieren. Und wenn jetzt jemand eine Infektion mit einer Alpha-Variante hatte, dann erkennt er primär am besten die Alpha-Variante. [...] Und wenn er eine Infektion mit der Omikron-Variante hatte, erkennt er primär am besten die Omikron-Variante.“
Es kann also zum Beispiel vorkommen, dass jemand, der sich mit Omikron infiziert hat, später noch mal mit der Delta-Variante in Kontakt kommt und sich ansteckt. Gleiches gilt für eine Ansteckung mit BA.2, der Schwestervarianten der jetzigen Omikron-Linie. Diese breitet sich derzeit unter anderem in Dänemark und Großbritannien und scheint ersten Studien zufolge noch ansteckender und immunflüchtiger zu sein.
Ulrich Elling, Genetiker am Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, verweist in diesem Zusammenhang auf eine Haushaltsstudie aus Dänemark, die noch von unabhängigen Expertinnen und Experten überprüft werden muss. Demnach scheint BA.2 den Immunschutz von Geimpften und Genesenen noch stärker zu umgehen als die jetzige Omikron-Linie.
„Da BA.2 den Immunschutz noch besser unterläuft, wird BA.2 auch einige infizieren, die gegen BA.1 (die derzeit zirkulierende Linie der Omikron-Variante, Anm. d. Red.) gerade noch geschützt waren“, schlussfolgerte Elling auf Twitter. „BA.2 wird also die 2. #Omikron Raketenstufe zünden.“
Ich habe mich bereits mit einer vorherigen Virusvariante infiziert. Bin ich jetzt vor Omikron geschützt?
Die Virusvariante Omikron besitzt Mutationen, die es ihr ermöglichen, die Immunantworten von Geimpften und Genesenen zu umgehen. Entsprechend schnell war etwa die Zahl der Reinfektionen in Großbritannien gestiegen: Eine Studie des Imperial Colleges London kam vor wenigen Tagen zu dem Ergebnis, dass zwei Drittel der Omikron-Infizierten zuvor bereits an Covid-19 erkrankt waren.
Die britischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten Tausende Freiwillige mithilfe eines PCR-Tests auf das Coronavirus getestet. Von den 3582 positiv getesteten Personen, die angaben, ob sie eine frühere Infektion hatten oder nicht, teilten 2315 (64,4 Prozent) mit, sich früher einmal mit Sars-CoV-2 angesteckt zu haben. Das Forscherteam schlussfolgerte daraus, dass eine Infektion mit einer vorherigen Virusvariante nicht vor Omikron schützt.
Davon geht auch Prof. Leif Erik Sander aus: „Genesene, die eine Infektion mit der Alpha- oder Delta-Variante hatten, haben keinen wesentlichen Schutz vor einer Infektion mit der Omikron-Variante“, sagte der Impfstoffforscher von der Berliner Charité vor zwei Wochen SMC. „Deswegen, denke ich, ist sozusagen das Mittel der Wahl jetzt tatsächlich die Immunisierung mit den existierenden Impfstoffen.“
Die Ständige Impfkommission empfiehlt Personen ab zwölf Jahren und Kindern zwischen fünf und elf Jahren mit Vorerkrankungen, sich mindestens drei Monate nach der Covid-19-Erkrankung einmal impfen zu lassen – vorausgesetzt, die Infektion wurde mittels PCR-Test nachgewiesen. Bei einem Nachweis mittels Antigenschnelltest kann eine Impfung schon vier Wochen nach der Labordiagnose erfolgen.
Gegen Omikron braucht es wohl aber auch noch eine zweite Dosis, um einen ausreichenden Immunschutz zu erzeugen. Diese Auffrischungsimpfung soll mindestens drei Monate nach der vorangegangenen Impfung verabreicht werden.
Ich bin geboostert – und damit jetzt vollkommen immun gegen Omikron?
Eine Booster-Impfung kann den Schutz vor Infektionen mit coronatypischen Symptomen wie Husten oder Fieber sowie den Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf noch einmal deutlich erhöhen. Das ist wichtig, denn bei den Impfungen, aber auch bei einer durchgemachten Infektion, lässt die Schutzwirkung mit der Zeit nach.
Das Robert Koch-Institut schätzt die Wirksamkeit der Impfungen in Hinblick auf Krankenhausaufenthalte nach einer dritten Dosis auf rund 95 Prozent in der Altersgruppe der über 60-Jährigen. Bei den 18- bis 59-Jährigen sind es circa 90 Prozent, bei den Zwölf- bis 17-Jährigen etwa 93 Prozent. Das heißt: Die Impfungen können das Risiko, schwer zu erkranken, beträchtlich reduzieren.
Die Corona-Impfungen bieten aber keinen hundertprozentigen Schutz. Es können sich also auch Geboosterte noch in selten Fällen mit Omikron infizieren. Das bestätigt ein Blick in den aktuellen Wochenbericht des RKI. Unter den mehr als 56.000 symptomatischen Omikron-Fällen, die die Behörde in der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen verzeichnet hat, waren knapp 15.000 geboosterte Menschen.
Bei den 502 Omikron-Fällen dieser Altersgruppe, die im Krankenhaus behandelt werden mussten, hatten 83 Betroffene zuvor eine Auffrischungsimpfung bekommen. Es kann also auch nach einer dritten Impfdosis noch zu Durchbruchsinfektionen kommen, wenngleich das Risiko dafür geringer ausfällt als beispielsweise bei Zweifachgeimpften.
RND
Der Artikel "Omikron: Kann man sich mehrfach mit der Virusvariante infizieren?" stammt von unserem Partner, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.