Mit Maske, Visier und negativem Corona-Schnelltest ihrer Kundin: So darf Kosmetikerin Julia Droste in ihrem Studio PurVital seit diesem Mittwoch trotz Notbremse arbeiten – der sogenannten Schnelltest-Option sei Dank.

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Ja, nein, vielleicht: In diesem Studio zeigt sich der reale Corona-Regel-Irrsinn

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In diesem Studio brauchen Kunden einen Schnelltest – oder auch nicht. Manchmal erst keinen, dann wiederum doch einen. Je nachdem, mit wem sie es bei „PurVital“ zu tun haben.

von Alexander Heine

Fröndenberg

, 31.03.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Bei Julia und Sarah Droste trennt sich gewissermaßen die Spreu vom Weizen. Die beiden Schwestern aus Menden betreiben gemeinsam das „PurVital“-Studio in Fröndenberg und ärgern sich über den Regelirrsinn, der mit der Notbremse gegen die Ausbreitung des Coronavirus über sie hereingebrochen ist.

Negativer Schnelltest: Mal erforderlich, mal nicht

Kunden brauchen seit Mittwoch einen negativen Schnelltest – oder auch nicht; je nachdem, mit wem sie es in dem kleinen Ladenlokal an der Eulenstraße zu tun haben. Und weil nicht wenige Kunden sich erst in die Hände der einen und dann der anderen begeben, brauchen sie erst einen Test – und dann wiederum nicht; oder eben andersherum.

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Klingt kurios, ist es auch. Seit diesem Mittwoch gilt im Kreis Unna die sogenannte Notbremse. Erlaubt ist an Dienstleistungen nur noch, was als medizinisch erforderlich eingestuft ist – etwa der Friseurbesuch. Dagegen sind körpernahe Dienstleistungen, bei denen der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, eigentlich wieder verboten; Massagen beispielsweise.

Allerdings hat der Kreis Unna mit der Notbremse die sogenannte Schnelltest-Option gezogen: Was eigentlich verboten ist, ist also doch erlaubt – jedenfalls dann, wenn Kunden einen negativen Schnelltest gegen das Coronavirus vorlegen, der nicht älter als 24 Stunden ist.

Unterschiedliche Dienstleistungen für dieselben Kunden

Die Dienstleistung macht denn auch bei den „PurVital“-Schwestern in Fröndenberg den Unterschied. Julia Droste ist Kosmetikerin, Sarah Droste Fußpflegerin. Dass die beiden sich einen Salon teilen, sie ihre Kunden teilweise sogar in demselben Raum bedienen – unerheblich, weil Fußpflege als medizinisch erforderliche Dienstleistung angesehen wird, eine Kosmetikbehandlung aber grundsätzlich nicht. Also greift nur für Letzteres die Notbremse, wofür es wiederum die Ausnahme über den negativen Schnelltest braucht.

Sarah Droste betreibt das Studio „PurVital“ als Fußpflegerin gemeinsam mit ihrer Schwester Julia – sie darf ihre Kunden auch bedienen, ohne vorher einen negativen Corona-Schnelltest zu verlangen.

Sarah Droste betreibt das Studio „PurVital“ als Fußpflegerin gemeinsam mit ihrer Schwester Julia – sie darf ihre Kunden auch bedienen, ohne vorher einen negativen Corona-Schnelltest zu verlangen. © Alexander Heine

Wie genau Julia Droste damit nun umgehen soll, konnte ihr bislang offenbar weder die Stadt Fröndenberg noch der Kreis Unna beantworten. So zuckt sie nur mit den Schultern auf die Frage, wie sie ein echtes von einem möglicherweise gefälschten Testergebnis unterscheiden will – und wie sie dokumentieren will, dass der Kunde ein negatives Testergebnis vorgelegt hat.

Viele offene Fragen zur Schnelltest-Option

„Vielleicht ein Foto vom Kunden mit Personalausweis und Testergebnis?“, fragt sie sich. Wie auch immer, der Aufwand für die Dokumentation wird jedenfalls ungleich größer. Seit dem Ende des ersten Lockdowns führen die Droste-Schwestern penibel Buch darüber, wer wann in ihrem Studio war. Bislang übrigens nur für das gute Gewissen: Gefragt hat nach den Listen noch nie jemand – weder das Ordnungsamt zur Überprüfung der Dokumentierpflicht noch das Gesundheitsamt zur Kontaktnachverfolgung.

Kosmetikerin Julia Droste ärgert sich insbesondere auch über den Flickenteppich im Land: Allein im Umkreis von zehn Kilometern rund um ihr Studio in Fröndenberg gelten drei unterschiedliche Fassungen der Corona-Regeln.

Kosmetikerin Julia Droste ärgert sich insbesondere auch über den Flickenteppich im Land: Allein im Umkreis von zehn Kilometern rund um ihr Studio in Fröndenberg gelten drei unterschiedliche Fassungen der Corona-Regeln. © Alexander Heine

Das viel größere Problem für die beiden ist ohnehin die Unsicherheit, die mit der neuen Situation einhergeht. „Es hagelt Terminabsagen – und ich kann es den Kunden noch nicht mal übelnehmen“, ist Julia Droste frustriert. „Man geht vor die Hunde. Der Laden, der Jahre lang gut gelaufen ist, wird gefühlt einfach vor die Wand gefahren.“

„Der Laden, der Jahre lang gut gelaufen ist, wird gefühlt einfach vor die Wand gefahren.“
Julia Droste, Kosmetikerin

Und auch ihre Schwester ist alles andere als optimistisch, wenngleich sie als Fußpflegerin eigentlich den Umständen entsprechend normal arbeiten kann. „In einen harten Lockdown zu gehen, wäre für mich sogar die bessere Alternative.“ Die Leute hätten Angst vor der dritten Welle. „Es läuft alles viel schleppender an als nach dem ersten Lockdown.“

Corona-Regeln: Regelchaos im 10-Kilometer-Umkreis

Die beiden ärgern sich, nicht mal nur über ihre eigene Ungleichbehandlung. Es ist der Flickenteppich im Land, der sie aufregt. Rund zehn Kilometer weiter südlich gelten in Menden noch viel schärfere Regeln, weil die Inzidenz im Märkischen Kreis deutlich über 200 liegt: In der Nachbarstadt müssen beispielsweise auch Friseurkunden einen negativen Schnelltest vorlegen. Dagegen ist zehn Kilometer gen Osten in der Gemeinde Wickede (Ruhr) alles beim Alten; obwohl die lokale Inzidenz bei fast 200 liegt, im gesamten Kreis Soest aber (noch) keine Notbremse gilt. „Da blickt doch keiner mehr durch“, echauffieren sich die Drostes.