Niederländische Studie zu Atomkraftwerken im Grenzgebiet
Wie reagieren die Behörden, wenn es zu einem Unfall in einem belgischen Atommeiler kommt? Um diese Frage geht es in einer Studie. Auf die Antworten sind die Menschen in der Aachener Region gespannt.

Dampf steigt aus dem Atomkraftwerk Tihange. Foto: Oliver Berg/Archiv
Nach massiver Kritik an der Sicherheit belgischer Atomreaktoren legt der niederländische Untersuchungsrat heute in Den Haag eine Studie vor. Im Wesentlichen geht es um die Frage, was bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk an der Grenze geschieht und wie die Zusammenarbeit von Deutschland, Belgien und den Niederlanden dann funktionieren würde.
Anlass der Untersuchung waren Pannen bei zwei belgischen Atomkraftwerken im Grenzgebiet, die Bürger und Kommunen in der Region aufgeschreckt hatten. Vor allem die belgischen Kraftwerke Tihange bei Lüttich und Doel bei Antwerpen gelten als marode. Das niederländische Expertengremium hat allerdings nicht untersucht, ob die Reaktoren sicher sind oder nicht.
Die Sorge vor einem Atomunfall in Belgien ist in NRW vor allem bei den Menschen in der Aachener Region groß. Keine 70 Kilometer liegen zwischen Aachen und dem wegen Sicherheitsbedenken umstrittenen Kernkraftwerk Tihange. Deshalb gibt es Zweifel, dass im Ernstfall die Zeit reicht, die Bevölkerung mit hoch dosierten Jodtabletten zu versorgen. Mehr als 123 000 Menschen in der Aachener Region haben sich 2017 bei einer Verteilaktion mit kostenlosen Jodtabletten versorgt. Das ist etwa jeder fünfte anspruchsberechtigte Bürger. Andere Bürger haben schon vorher rezeptfreie Jodtabletten gekauft.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte im Dezember deutlich gemacht, dass er auf eine Abschaltung des „Pannenreaktors“ Tihange dringt. Die neue Bundesregierung müsse sich stärker als bisher für eine Abschaltung engagieren. Die Städteregion Aachen geht im Schulterschuss mit anderen Kommunen juristisch gegen das Kernkraftwerk Tihange vor. Zwei Klagen in Belgien sind anhängig.
Auch der Protest gegen die Reaktoren macht an der Grenze nicht halt. Im Juni 2017 demonstrierten Zehntausende Atomkraftgegner aus Deutschland den Niederlanden und Belgien. Sie bildeten eine vom Atommeiler Tihange bis nach Aachen reichende Menschenkette. Wegen Tausender kleiner Risse in den Reaktorbehältern zweifeln deutsche Experten an der Sicherheit der Reaktoren Tihange 2 und Doel 3 bei Störfällen.