Moskau verbietet Deutsche Welle: Büro muss schließen
Sendeverbot
Russland reagiert drastisch im Streit um ein Sendeverbot des deutschsprachigen Programms seines Staatssenders RT DE: Die Deutsche Welle wird in Russland verboten.

Das Büro der «Deutschen Welle» in Moskau muss schließen. © Marius Becker/dpa
Russland hat der Deutschen Welle, dem Auslandssender der Bundesrepublik Deutschland, ein Sendeverbot erteilt. Zudem verfügte das russische Außenministerium die Schließung des Korrespondentenbüros in Moskau und den Entzug der Akkreditierungen der Journalisten. Damit reagierte Russland auf ein Sendeverbot des deutschsprachigen Programms seines Staatssenders RT DE.
Verboten ist demnach die Verbreitung des russischsprachigen Programms der Deutschen Welle über Satellit und alle anderen Übertragungswege, teilte das Ministerium mit. Zudem werde ein Verfahren eingeleitet, um die Deutsche Welle zum „ausländischen Agenten“ zu erklären. Über weitere Schritte werde in Kürze infomiert, heißt es weiter. Politiker hatten das russische Programm der Deutschen Welle immer wieder auch kritisiert.
In Deutschland hatten die Regulierer der zuständigen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) bei den Medienanstalten die Veranstaltung und die Verbreitung des Fernsehprogramms RT DE untersagt. Als Grund für das am Mittwoch veröffentlichte Verbot wurde das Fehlen einer Sendelizenz angeführt.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte bei ihrem Treffen mit ihrem Kollegen Sergej Lawrow im Januar in Moskau erklärt, dass in Deutschland kein Staatsfunk erlaubt sei. Das gilt demnach etwa auch für die USA. In Deutschland hat die Regelung wegen der Rolle der Staatsmedien im Nationalsozialismus auch historische Gründe.
Kreml spricht von Angriff auf Pressefreiheit
Der Kreml sprach dagegen am Donnerstag von einem Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit. „Die Situation ist vollkommen klar: Einem russischen Massenmedium, ich würde sogar sagen, einem internationalen Massenmedium, wird die Ausstrahlung in Deutschland verboten. Das ist nichts anderes als ein Anschlag auf die Freiheit des Wortes“, sagte Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge.
Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa kritisierte zudem, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nichts sage zum Sendeverbot für RT DE und nicht eintrete für die Medienfreiheit. Sacharowa machte deutlich, dass sie zu den russischen Gegenmaßnahmen Kritik erwarte von der OSZE, die dann aber mit Blick auf das Schweigen zu RT DE wertlos sei.
RT - früher Russia Today - sendet etwa in den USA und anderen Ländern etwa auch auf Spanisch und Arabisch und sieht sein deutschsprachiges Programm als Beitrag zur Meinungsvielfalt in Europa. Kritiker werfen RT Kremlpropaganda und Desinformation vor. RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan hatte am Mittwoch vorgeschlagen, gegen die Deutsche Welle in Russland vorzugehen. Das russische Außenministerium hatte bisher immer wieder mit Maßnahmen gegen deutsche Medien und Korrespondenten in Moskau gedroht, aber konkrete Schritte bisher offengelassen.
Lambsdorff: Internet-Auftritt stärken
Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff hat das Sendeverbot für die Deutsche Welle scharf kritisiert. „Die Schließung der Deutschen Welle in Russland ist eine so durchsichtige wie falsche Reaktion Moskaus auf die Lizenzentscheidung der deutschen Medienaufsicht zu Russia Today deutsch“, teilte Lambsdorff mit.
Die Deutsche Welle sei „eben gerade kein Staatssender wie Russia Today, sondern bietet ein unabhängiges Programm“. Die Entscheidung zeige einmal mehr, dass sich die russische Regierung von universellen Werten wie Demokratie und Meinungsfreiheit entferne und das Land weiter in die Selbstisolierung bewege. Lambsdorff sagte: „Gerade jetzt muss deshalb das russischsprachige Angebot der Deutschen Welle im Internet gestärkt werden.“
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) protestiert gegen das Sendeverbot. Es gebe keinerlei Rechtfertigung für diese drastische Zensurmaßnahme, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall laut Mitteilung. Er forderte von der Bundesregierung deutlichen Protest. Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz forderte von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), dieser müsse bei seinem anstehenden Russland-Besuch auf eine Rücknahme des Sendeverbots drängen.
dpa
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