Student sticht im Wahn auf Vater ein: „Wollte nur mein Leben schützen“

Landgericht Bochum

Ein psychisch kranker Student (24) ist im Wahn mit einem Messer auf seinen eigenen Vater losgegangen. „Ich habe gedacht, mein Vater will mich umbringen“, erinnerte er sich zum Prozessauftakt.

Bochum

von Werner von Braunschweig

, 02.09.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein psychisch kranker Student (24) geht im Wahn mit einem Messer auf seinen eigenen Vater los. „Ich habe gedacht, mein Vater kann mich durch seine Augen hypnotisieren“, hieß es beim Prozessauftakt.

Vor dem Bochumer Landgericht hat ein sogenanntes Sicherungsverfahren um eine mögliche Psychiatrie-Einweisung eines psychisch kranken Studenten begonnen. Es geht um versuchten Totschlag. Hintergrund ist ein beinahe tödliches Familiendrama in einem Waltroper Wohnhaus. Der 24-jährige Beschuldigte soll mit einem Haushaltsmesser auf seinen Vater eingestochen haben – dabei allerdings krankheitsbedingt nicht Herr seiner Sinne gewesen sein.

„Ich habe gedacht, mein Vater will mich umbringen“, erinnerte sich der Beschuldigte zum Prozessauftakt vor der 3. Strafkammer. „Ich habe gedacht, mein Vater kann mich durch seine Augen hypnotisieren.“ An den Augenblick der Attacke habe er kaum noch eine Erinnerung, lediglich Gedankenfetzen seien noch übrig. Der 24-Jährige berichtete, er habe schon in den Tagen zuvor kaum schlafen können, sei nachts planlos durch das Haus gelaufen.

Vater überlebte nach Not-Operation

Am fraglichen Tag habe sich die Familie auswärts Pizza geholt. Nach der Rückkehr in das heimische Wohnzimmer, hätte ihn plötzlich der Gedanke beherrscht, jetzt sei die letzte Chance, um seinen Vater anzugreifen. Laut Staatsanwaltschaft stach der Beschuldigte mit einem Haushaltsmesser (9,8 Zentimeter Klingenlänge) auf seinen Vater ein, versetzte diesem Stiche in Schulter und Brust. Durch einen Griff ins Messer erlitt der Vater zudem „komplexe Schnittverletzungen“ an einer Hand, heißt es in der Antragsschrift der Staatsanwaltschaft. Zwei Familienmitglieder hatten den Beschuldigten von weiteren Angriffen abgehalten. Dass der Vater überlebt hat, verdankt er laut Staatsanwaltschaft einer Not-Operation. Es bestand akute Lebensgefahr.

„Ich wollte nur mein eigenes Leben schützen“, beteuerte der Student. Heute wisse er, dass es alleine seine psychische Krankheit war, die ihn zur Tat gebracht habe. Der erste Moment, an den er sich wieder erinnern könne, sei in einer Klinik gewesen, wo er Medikamente bekommen habe. „Das war wie ein Erwachen aus einem Albtraum“, so der 24-Jährige. Die Staatsanwaltschaft hat den Beschuldigten mit Blick auf seine Erkrankung als unzurechnungsfähig eingestuft. Geprüft wird deswegen allein eine zeitlich unbefristete Psychiatrie-Einweisung zum Schutz der Allgemeinheit.

Der Student berichtete, dass seine Familie ungebrochen ganz fest zu ihm stehe und ihm verziehen habe: „Dafür bin ich sehr dankbar.“ Der 24-Jährige ist aktuell in einer geschlossenen Klinik für forensische Psychiatrie untergebracht. fühlt sich durch regelmäßige Medikamenteneinnahme stabilisiert, hat konkrete Zukunftspläne. „Ich habe den künftigen Umgang mit meiner Krankheit erlernt, weiß jetzt genau, was in bestimmten Situationen zu tun ist“, sagte der Student. Urteil: wohl frühestens am 9. September.

wvb