Merkel: "Sie sind mit ihrem Schmerz nicht allein"

Tröstende Worte

Die Opfer der Flugzeugkatastrophe bei Le Vernet sind unvergessen - das macht auch ein Schreiben von Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich, in dem sie den Hinterbliebenen der Halterner Opfer zum Jahrestag des Absturzes Worte des Trostes zukommen lässt.

HALTERN

, 24.03.2016, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Jahrestag hat für die Stadt Haltern am See besondere Bedeutung. Als die Germanwings-Maschine am 24. März 2015 an einem französischen Bergmassiv zerschellte, starben auch 16 Schülerinnen und Schülern sowie zwei Lehrerinnen des Halterner Joseph-König-Gymnasiums.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann, Präses Annette Kurschus und Bischof Franz-Josef Overbeck haben daher zum Jahrestag der Katastrophe Worte des Trostes an die Trauernden in Haltern geschickt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel

"Als am 24. März 2015 die Nachricht kam, dass eine Germanwings-Maschine in den französischen Alpen zerschellt ist, war ich wie viele andere tief erschüttert. Bald folgte die traurige Gewissheit: Niemand hat überlebt. Die Familien und Freunde der Opfer haben durch die Katastrophe geliebte Menschen verloren. Ihr Leid ist unermesslich. Für sie ist nichts mehr, wie es war. Der Jahrestag bringt bittere Erinnerungen mit sich. Daher ist es mir wichtig, allen Angehörigen zu versichern: Sie sind mit ihrem Schmerz nicht allein. Unzählige Menschen, auch die Mitglieder der Bundesregierung, sind in Gedanken bei ihnen. Bei meinem Besuch im Joseph-König-Gymnasium im vergangenen Jahr konnte ich spüren, mit wie viel Liebe und Mitgefühl des schrecklichen Verlusts der 16 Mitschülerinnen und Mitschüler und der beiden Lehrerinnen gedacht wird. In der Schule haben sie alle gemeinsam einen Weg gefunden, ihrer Trauer und ihrem Gedenken Ausdruck zu verleihen, einander Trost zu spenden und füreinander da zu sein.

Es freut mich, dass die Klassen den Austausch mit der spanischen Partnerschule weiterhin pflegen. Vor Kurzem haben Schülerinnen und Schüler mit ihrem Besuch in Llinars del Vallès an ihre verlorenen Freundinnen und Freunde erinnert und zugleich ein wertvolles Zeichen gesetzt: Ihre deutsch-spanische Gemeinschaft hält zusammen."

NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann

"Ein Jahr ist vergangen seit der schrecklichen Katastrophe, die sich auch jetzt noch kaum in Worte fassen lässt. Ein Jahr, in dem diese Tragödie auch mich persönlich und als Schulministerin nicht losgelassen hat. Zu unbegreiflich die Tat eines Einzelnen, zu unvorstellbar die Trauer und das Leid der Familien und Freunde der vielen Opfer sowie der Halterner Schulgemeinde. Ich möchte noch einmal all jenen, denen durch diese furchtbare Katastrophe ein geliebter Mensch genommen wurde, meine tiefe Anteilnahme aussprechen. Gleichzeitig ist es mir wichtig zu betonen, wie sehr mich der Umgang des Joseph-König-Gymnasiums mit dem Ereignis berührt. Es ist wirklich außergewöhnlich, wie Schulleiter Ulrich Wessel, sein Kollegium und die Schülerinnen und Schüler mit der gesamten Schulgemeinde in dunkelsten Stunden Wege gefunden haben, würdevoll zu trauern und sich gemeinsam Halt zu geben. Niemand kann ihnen ihren Schmerz nehmen, aber ihre Haltung ist uns allen ein Vorbild. Uns bleibt nur, ihren Schmerz zu teilen."

Dr. Franz-Josef Overbeck (Bischof von Essen)

"Erfahrungen von Leiden, Sterben und Tod prägen uns Menschen besonders. Auf menschlich unvorstellbare Weise ist dies für die Eltern, Geschwister, Angehörigen und Freunde, für die Mitschülerinnen und Mitschüler der Opfer des Absturzes der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen am 24. März 2015 zu einer bitteren Wahrheit geworden. Viele, auch ich, vergessen den Augenblick nicht, an dem sie von diesem Unglück erfuhren. Neben aller menschlichen Nähe, aller erfahrbaren Solidarität mit den Opfern wie auch den Angehörigen, ist für mich das tägliche Beten besonders wichtig. Seit meinen Kaplansjahren in Haltern am See haben diese schöne Stadt und ihre Einwohner einen besonderen Platz in meinem täglichen Gebet. Seit dem 24. März 2015 gehört in dieses Beten immer die Fürbitte für die Opfer des Unglücks und für alle, die darin involviert sind, wie auch für alle Hinterbliebenen.

Gebet ist immer Ort von Klage, aber auch von Bitte, von Trauer wie von Trost.

Zuletzt eben der Ort, an dem ich in meinem Glauben als Christ erfahre, dass Gott mich und alle trägt, auch wenn dies oft menschlich nicht leicht verstehbar ist. Dieses Gebet ist der Ort der Verbundenheit, die bleibt - weit über den Tod hinaus - sowie der Ort der Hoffnung auf ein Wiedersehen bei Gott."

Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen

"Liebe Bürgerinnen und Bürger der Stadt Haltern, ein Jahr ist es jetzt her, seit das Unbegreifliche geschah. Seit jenem einen Tag teilt sich die Zeit für Ihre Stadt in ein Davor und ein Danach. Es wird nie mehr genauso sein wie vorher.

Sie haben in diesem Jahr Erfahrungen gemacht. Traurige und bedrückende. Vermutlich auch helfende, erleichternde. Vielleicht sogar tröstende und wunderbare. Sie haben einander beigestanden und das Unbegreifliche gemeinsam auszuhalten versucht. Der Jahrestag des Flugzeugabsturzes fällt in diesem Jahr in die Karwoche. Eine Woche, die uns daran erinnert, dass der lebendige Gott selbst im schlimmsten Leiden an unserer Seite bleibt. Sogar im Tod - und durch den Tod hindurch. In Gottes Hand bleiben wir mit denen verbunden, die wir loslassen mussten. Für immer. In dieser Gewissheit grüßt Sie von Herzen

Ihre Annette Kurschus."

Fotos: dpa