MaiLab über Impf-Mythen: Warum Impfstoffe nicht das Erbgut verändern

Impfstoff

In einem neuen Video hat sich die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim (MaiLab) mit den größten Impfmythen auseinandergesetzt.

12.02.2021, 06:47 Uhr / Lesedauer: 3 min
Die Moderatorin, Chemikerin und Wissenschaftjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim sprach in einem neuen Video über Impf-Mythen.

Die Moderatorin, Chemikerin und Wissenschaftjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim sprach in einem neuen Video über Impf-Mythen. © picture alliance/dpa

Seit dem 27. Dezember wird in Deutschland gegen Covid-19 geimpft – schätzungsweise 1,2 Millionen Menschen haben den vollständigen Schutz gegen das Coronavirus bereits erhalten. Doch während die einen sehnsüchtig auf einen Impftermin warten, herrscht bei anderen Verunsicherung: Wirken alle Impfstoffe gut? Was ist mit Nebenwirkungen? Und dann war da ja noch die Sache dem angeblich veränderbaren Erbgut durchs Impfen.

Genau diese Verunsicherung hat nun die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim in einem Youtube-Video aufgegriffen. Darin beschäftigt sie sich mit „7 kritischen Fragen zur Impfung“, und nimmt unter anderem den Impfstoff von Astrazeneca genauer unter die Lupe. Dieser sorgt mitunter für Verwirrung, da er im Gegensatz zu den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna einen geringeren Schutz biete – nämlich nur 70 Prozent.

Wie sicher ist der Astrazeneca-Impfstoff?

Nguyen-Kim jedoch gibt Entwarnung: Die 70 Prozent bezögen sich auf Untersuchungen, die mit Probanden gemacht wurden. Und: „70 Prozent sind wirklich solide“, erklärt die Wissenschaftlerin. „Wir vergleichen hier mit einem sehr hohen Standard.“ Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfehle den Impfstoff aktuell zwar nur für Menschen bis 64 Jahre, jedoch nur deshalb, weil es für ältere Menschen noch nicht so viele statistische Daten gebe. Das könne sich aber noch ändern.

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Grundsätzlich biete der Astrazeneca auch einige Vorteile, erklärt Nguyen-Kim. Im Gegensatz zu den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna handele es sich bei Astrazeneca um einen Vektorimpfstoff. Dieser müsse beispielsweise nicht so stark gekühlt werden. „So könnten irgendwann auch die Hausärzte impfen.“

Was ist mit Nebenwirkungen?

Auch über mögliche Nebenwirkungen von Impfstoffen klärt Nguyen-Kim auf. Grundsätzlich würden Impfstoffe mit einem Restrisiko für seltene Nebenwirkungen zugelassen. „Schwerere Nebenwirkungen sind bei Impfungen selten“, betont die Wissenschaftlerin. „Die Sicherheitsansprüche an eine Impfung sind einfach extrem hoch.“ Es gebe bei Impfstoffen eine sogenannte Phase 4 nach der Zulassung, in der Nebenwirkungen gesammelt und Verdachtsfälle noch mal näher untersucht würden. Das Risiko sei aber so gering, dass es mit einem höheren Risiko verbunden wäre, den Impfstoff zurückzuhalten, als ihn zuzulassen.

Das gelte im Übrigen auch für mögliche Langzeitfolgen. Solche habe es bei Impfstoffen zwar schon gegeben, allerdings seien die Symptome meist nach einigen Wochen oder Monaten aufgetreten. Die Studien zu den Corona-Impfstoffen laufen seit Sommer 2020, und bis jetzt hätten sich keine verspäteten Nebenwirkungen gezeigt.

„Das Risiko, dass völlig unerwartet verspätete Nebenwirkungen auftreten, die man bis jetzt nicht auf dem Schirm hat, ist so klein, dass es in keinem Verhältnis steht zu den Risiken von Covid-19″, betont Nguyen-Kim. „Wer jetzt eine Impfung ablehnt und lieber noch wartet, ist risikofreudiger als jemand, der ein Impfangebot annimmt.“

Mutationen: Geht jetzt alles wieder von vorne los?

Auch die Virusmutanten kommen im Video zur Sprache. Die Sorge, dass nun „alles wieder von vorne losgehe“, sei unbegründet, erklärt sie. „Wir werden jetzt keine zweite Pandemie haben. Man kann nicht davon ausgehen, dass das Virus so krass mutiert, dass es plötzlich ein ganz anderes Virus ist, mit dem unser Immunsystem gar nichts mehr anfangen kann.“ Wer geimpft sei oder die Krankheit bereits durchgemacht habe, könne sich zwar unter Umständen mit einer neuen Mutante anstecken, dürfe dann aber mit einem milderen Verlauf rechnen.

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Das Kritische sei vielmehr, dass jetzt schon neue Mutanten im Umlauf seien, bevor wir ausreichend geschützt seien. „Wenn Schutz- und Hygienemaßnahme nicht richtig greifen, dann laufen wir viel leichter in neue Ausbrüche und Wellen und auch Lockdowns rein“, so Nguyen-Kim.

Die zugelassenen Impfstoffe allerdings scheinen auch bei der britischen Virusmutation zu wirken, erklärt sie. Bei anderen Mutanten könne man das im Moment noch nicht genau sagen – auch, weil das Virus weiterhin mutieren könne. Sollten die Impfstoffe irgendwann nicht mehr richtig greifen, müssten sie tatsächlich angepasst werden. Im Falle der genbasierten Impfstoffe sei das aber verhältnismäßig einfach.

Können Impfstoffe das Erbgut verändern?

Den größten Komplex in Nguyen-Kims Video nimmt jedoch die Frage ein, ob Impfstoffe eigentlich das Erbgut verändern können – eine Theorie, die weitverbreitet ist, nicht zuletzt auch in vielen Verschwörungserzählungen. Auch diese Angst kann die Wissenschaftlerin nehmen.

Die mRNA des Impfstoffs komme mit unserer DNA gar nicht in Kontakt. Zudem könne die RNA auch nicht ohne Weiteres in DNA umgeschrieben werden. „Das Coronavirus bringt selbst seine RNA in unsere Zellen, wenn wir uns damit infizieren. (…) Das heißt, wer Angst vor Virengenen hat, müsste mehr Angst vor Corona haben als vor der Impfung“, erklärt die Wissenschaftsjournalistin. Auch diese Angst sei laut Mai Thi aber unbegründet. In beiden Fällen – bei der Corona-Infektion und bei der Impfung – würden unsere Gene nicht verändert.

Bei DNA-Impfstoffen sehe das grundsätzlich ein wenig anders aus. Hier werde nicht RNA, sondern DNA in die Zelle eingeschleust. Ohne bestimmte Enzyme könne das aber trotzdem nichts an der DNA ändern. Und diese notwendigen Enzyme seien auch nicht in dem Impfstoff enthalten. Zudem zählten die eingeschleusten Viren zu den „nicht integrierenden Viren“. Das heißt, sie verändern in unseren Zellkernen nichts, sondern liegen einfach neben unserer DNA.

RND/msc

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