Kinder, die noch keine 14 Jahre alt sind, wenn sie ein Verbrechen begehen, gelten nach dem Gesetz als schuldunfähig. Denn es wird davon ausgegangen, dass sie die Folgen ihres Handelns noch nicht ausreichend überblicken. Deshalb werden Kinder selbst bei einem Tötungsdelikt, wie bei dem Mord an Luise F. aus Freudenberg, nicht strafrechtlich verfolgt, sie können nicht vor Gericht gestellt und nicht verurteilt werden.
Bei aufsehenerregenden Fällen wird deshalb oft gefordert, das Alter für die Strafmündigkeit abzusenken. Auch nach geltender Rechtslage ist es aber nicht so, dass die Tat keine Konsequenzen hätte.
Die Polizei ermittelt trotzdem - etwa um zu klären, was genau passiert ist und ob möglicherweise ältere, strafmündige Menschen an der Tat beteiligt waren. Dazu darf das Kind zur Dienststelle mitgenommen und befragt werden. Auch eine Durchsuchung ist möglich.
Bei einer Strafanzeige stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren in jedem Fall wegen der fehlenden Strafmündigkeit ein. Sie prüft aber, ob das Familiengericht oder andere Stellen wie das Jugendamt zu benachrichtigen sind. Auch die Polizei informiert das Jugendamt.
Hier geht es nicht um Strafe, sondern um Unterstützung. Welche Maßnahmen ergriffen werden, hängt stark vom Einzelfall ab. Vielleicht braucht das Kind eine psychiatrische Behandlung, unter Umständen auch in einer geschlossenen Einrichtung. Möglich ist auch, dass die Eltern Hilfe bei der Erziehung bekommen - oder dass das Kind eine Zeit lang in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie untergebracht wird. Die rechtlichen Hürden für eine Trennung von den Eltern gegen deren Willen sind aber hoch.
Wir erleben in den vergangenen Jahren einen Anstieg von Straftaten durch Jugendliche & Kinder - oft unter 14 Jahren. Diese Entwicklung müssen wir nicht nur genau beobachten, wir müssen sie untersuchen, Ursachen finden & Präventionsarbeit leisten.
— Hendrik Wüst (@HendrikWuest) March 14, 2023
Straftaten: Warum Kinder nicht vor Gericht gestellt werden
Kinder unter 14 Jahren werden sehr selten als Tatverdächtige im Bereich Gewaltkriminalität registriert. Darunter fällt etwa gefährliche und schwere Körperverletzung, sexueller Missbrauch, Körperverletzung mit Todesfolge, Totschlag und Mord.
2021 ist die Zahl der tatverdächtigen Kinder in diesem Bereich gegenüber dem Vorjahr angestiegen (7477 zu 7103). Verglichen mit 2019 gab es 2021 jedoch einen Rückgang von rund zehn Prozent.
Betrachtet man nur Straftaten gegen das Leben über einen Zeitraum von 20 Jahren, schwankt die Anzahl der tatverdächtigen Kinder jährlich zwischen 4 und 21, wie aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) hervorgeht. 2021 waren es 19 tatverdächtige Kinder bei Delikten gegen das Leben, darunter vier Mädchen. Zum Vergleich: Laut Statistischem Bundesamt lebten in diesem Jahr rund 8,5 Millionen Kinder unter 14 Jahren in Deutschland.
Zuletzt hat ein Mord im niedersächsischen Salzgitter Aufsehen erregt, an dem ein Kind beteiligt war: Ein 14-Jähriger und ein nicht strafmündiger 13-Jähriger erstickten im Juni 2022 eine 15-jährige Jugendliche. 2016 schlug ein 13-Jähriger in Bad Schmiedeberg (Sachsen-Anhalt) einen gleichaltrigen Jungen mehrfach so heftig gegen den Kopf, dass dieser starb.
dpa
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