Leichtathletik bei Rekorden unersättlich

Mit ihrem «Schwedenhappen» hat Susanna Kallur den Hunger auf Weltrekorde in der Leichtathletik nur für kurze Zeit gestillt.

Karlsruhe (dpa)

von Von Ulrike John, dpa

, 11.02.2008, 12:56 Uhr / Lesedauer: 2 min

«Ich genieße das jetzt erstmal. Weltrekord ist etwas, das man vielleicht nur einmal im Leben läuft», sagte die 26-Jährige nach ihren 7,68 Sekunden über die 60 Meter Hürden beim Hallen-Sportfest in Karlsruhe. Trotz der Dopingdiskussionen ist die Jagd nach neuen Bestleistungen in der olympischen Kernsportart ungebrochen. «Jetzt geht der Name Karlsruhe um die ganze Welt», meinte Meeting-Chef Alain Blondel nach Kallurs Coup euphorisch. «Das ist mehr wert als jede millionenschwere Imagekampagne.»

Anti-Doping-Kämpfer wie Helmut Digel, Mitglied im Council des Weltverbandes IAAF, und der deutsche Verbandschef Clemens Prokop haben in der Vergangenheit oft dafür plädiert, wieder mehr die Duelle in den Mittelpunkt zu stellen. Zumal zahlreiche Bestmarken unter Dopingverdacht stehen. Doch für die Manager ist und bleibt ein Rekord das Nonplusultra. Auch beim Golden-League-Meeting in Zürich wird man in diesem Jahr wieder «Hasen» einsetzen, um zu schnelleren Zeiten zu kommen. Rekorde sichern Schlagzeilen, sind werbewirksam - etwa, wenn es darum geht, einen 360 000-Euro-Etat wie in Karlsruhe zusammenzustellen. Die etwa 20 000 Euro Rekordprämie wie im Fall der schwedischen Hürdenflitzerin zahlen die Veranstalter mit Handkuss.

«Die Sehnsucht nach Rekorden gehört zu dieser Sportart», sagt der frühere Zehnkampf-Europameister Blondel (45), Macher der beiden größten deutschen Hallen-Sportfeste in Stuttgart und Karlsruhe. «Zeiten, Weiten und Höhen machen Spitzenergebnisse über die ganze Welt vergleichbar. Wenn wir das nicht mehr wollen, dann sollen die Läufer wieder wie im antiken Griechenland ohne Stoppuhr gegeneinander antreten.»

Am 2. Februar in Stuttgart hatte Blondel der Äthiopierin Meseret Defar 25 000 Euro in Aussicht gestellt, wenn sie ihren eigenen 3000- Meter-Weltrekord unterbieten würde. Das Vorhaben scheiterte, doch jubelte Blondel zusammen mit den 4300 Zuschauern in Karlsruhe über Kallur. Sie ist neben Siebenkampf-Ass Carolina Klüft derzeit erfolgreichster Schwedenimport in der Leichtathletik. «Sanna Kallur lieferte den Weltrekord wie auf Bestellung», schrieb die schwedische Tageszeitung «Dagens Nyheter».

Den Hürdenweltrekord hielt vor ihr die Russin Ludmilla Naroschilenko, die 1990 7,69 Sekunden rannte und 1996 in Atlanta unter dem Namen Engquist Olympia-Gold holte. 1993 hatte sie eine vierjährige Doping-Sperre aufgebrummt bekommen. Die wurde zwei Jahre später aufgehoben, da ihr Ex-Mann ihr Steroide als Vitaminpillen untergeschoben haben soll. Für Kallur legt Klüft ihre Hand ins Feuer: «Sie ist absolut sauber. Sie trainiert hart, sie ist eine große Athletin und das war ein großartiger Sieg.» Bei Klüft, so die Zeitung «Aftonbladet», «hieß es immer, dass es keine Grenzen gibt. Vielleicht gilt das noch mehr für Sanna».

Es war ein Weltrekord mit Ansage: 7,81 Sekunden lief die Freiluft- Europameisterin in Glasgow, 7,75 in Göteborg, 7,72 in Stuttgart und nun 7,68. «Lustig wäre es schon, wenn ich das nächste Mal noch schneller wäre», meinte Susanna Kallur schmunzelnd. Die zweifache Hallen-Europameisterin ist nun die Topfavoritin für die WM vom 7. bis 9. Februar in Valencia. Susanna und ihre vier Minuten ältere Schwester Jenny hatten übrigens bei der Hallen-EM 2005 für ein Novum gesorgt, als die Zwillinge Gold und Silber im Hürdensprint gewannen.

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