Lauterbach: Haben Impfstoffmangel - Menge reicht nicht für weitere Booster-Kampagne

Coronavirus

Vergangene Woche hatte Karl Lauterbach angekündigt, sich einen Überblick über die vorrätigen Mengen an Corona-Impfstoffen zu verschaffen. Das Ergebnis ist kein Grund zur Freude.

Berlin

15.12.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: "Wir haben einen Impfstoffmangel für das erste Quartal".

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: "Wir haben einen Impfstoffmangel für das erste Quartal". © Kay Nietfeld/dpa

Für die weitere Booster-Impfkampagne Anfang kommenden Jahres fehlen nach Angaben des neuen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach ausreichende Mengen an Impfstoff.

„Wir haben einen Impfstoffmangel für das erste Quartal“, sagte der SPD-Politiker den ARD-Tagesthemen am Dienstagabend. Dies habe in einer vorgenommenen Impfstoff-Inventur viele überrascht. „Mich auch“, sagte Lauterbach.

Der Minister arbeitet nach eigenen Worten bereits daran, den Mangel zu beseitigen. „Ich hoffe, dass ich da in den nächsten Tagen eine positive Botschaft übermitteln kann.“ Bemühungen liefen über alle Kanäle, auch direkt zu den Unternehmen, es müsse aber alles EU-konform sein. „Wir müssen hier Geschwindigkeit gewinnen.“

Test-„Entlastung“ nach Drittimpfung

Für Geimpfte mit „Booster“-Auffrischimpfung sollen zusätzliche Testpflichten bei Corona-Zugangsregeln weitgehend wegfallen - vorerst bis zu einer Überprüfung der Maßnahme nach spätestens zwei Monaten. Darauf verständigten sich dem GMK-Vorsitzenden Klaus Holetschek (CSU) die Gesundheitsminister von Bund und Ländern. Einige Länder gehen schon so vor. Außerdem soll beim Zutritt zu medizinischen und Pflege-Einrichtungen zum Schutz der dortigen besonders verwundbaren Menschen weiterhin auch von „Geboosterten“ zusätzlich ein negatives Testergebnis verlangt werden.

Die Erleichterungen sollen spätestens nach zwei Monaten bewertet und gegebenenfalls entsprechend der Lagedynamik angepasst werden, sagte Holetschek. Konkret geht es um Corona-Regeln nach dem Modell 2G plus - also, wenn bei Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G) auch von ihnen noch ein Test verlangt wird. 2G gilt nach den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen unter anderem für Gaststätten, Freizeit- und Kultureinrichtungen - ergänzend können auch noch 2G-plus-Vorgaben dazu kommen. Holetschek erläuterte, dass eine Befreiung davon 15 Tage nach der Booster-Impfung greifen könne.

Kritik von Immunologen

Aus Sicht von Immunologen ist die Test-Befreiung für Geimpfte mit Booster-Impfung „komplett kontraproduktiv“. „Eine solche Maßnahme würde dazu beitragen, dass die Omikron-Welle sogar früher kommt“, sagte Prof. Carsten Watzl (Dortmund), Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, der Deutschen Presse-Agentur.

Die Idee habe für die Delta-Variante des Coronavirus Sinn gemacht, sagte Watzl. Dreifach Geimpfte seien gegen diese Variante so gut geschützt, dass sie kaum noch zum Infektionsgeschehen beitrügen. „Aber diese Überlegungen haben sich mit Omikron komplett erledigt.“

Die aktuellen Impfstoffe schützen Watzl zufolge bei Omikron hoffentlich gegen einen schweren Verlauf. „Was sie nicht so gut verhindern, ist eine Infektion.“ Es werde also unweigerlich mehr Impfdurchbrüche geben. „Wenn wir die Testpflicht jetzt lockern, sehe ich die Gefahr, dass Omikron gerade geboosterte Personen infiziert, die sich aber nie testen lassen müssen, und die dann das Virus munter verbreiten.“

„Was für eine irrsinnige Idee in der aktuellen Lage und der aktuellen Gefahr durch Omikron: die Testpflicht abschaffen“, twitterte die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek. „Ich hoffe nicht auch in Krankenhäusern oder Alten-/Pflegeheimen?“, fragte die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt in ihrem Tweet vom Dienstag.Warten auf Stellungnahme von Expertenrat

Lauterbach erwartet Stellungnahme des neuen Corona-Expertenrats

Grundsätzlich erwartet Bundesgesundheitsminister Lauterbach eine Stellungnahme des neuen Corona-Expertenrats zur neuen Virusvariante Omikron noch vor Weihnachten. „Das wird die Grundlage wichtiger Entscheidungen sein, die wir im Bezug auf Omikron zu treffen haben“, sagte Lauterbach nach der ersten Beratung des Gremiums am Dienstag in Berlin. Das Gremium werde sich voraussichtlich schon am Freitag erneut zusammenfinden, um über das Thema Omikron zu beraten.

In dem von der neuen Regierung eingesetzten Expertenrat sind unter anderem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Kinderärzte sowie Bildungsforscher versammelt. Die Virusvariante Omikron bereitet Politik und Wissenschaft Sorgen wegen ihrer besonders schnellen Ausbreitung.

Mit Blick auf mögliche weitere Einschränkungen an den Festtagen hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag gesagt, man wolle zunächst wissenschaftliche Expertise einholen und schauen, ob die Maßnahmen ausreichten. Notfalls würden kurzfristig auch weitere Entscheidungen auf die Tagesordnung kommen. An der Auftaktsitzung des Expertenrats nahmen seitens der Regierung laut Lauterbach er selbst, Scholz und Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt teil.

Lauterbach sagte, die Expertise des Gremiums sei sehr wichtig. „Der Expertenrat macht keine Politik, die Politik machen wir“, machte der SPD-Politiker zugleich deutlich. Die Runde sei ausgewogen zusammengesetzt. Er erwarte, dass sie gemeinsame Voten abgeben könne.

Lauterbach verteidigte seinen Vorstoß, dass für Menschen mit Auffrischungsimpfung bei Zugangsregeln nach dem Modell 2G plus der vorgesehene zusätzliche Test entfallen kann. Dann müssten Geimpfte und Genesene mit Boosterimpfung sich vor dem Zutritt zu einer 2G-plus-Räumlichkeit nicht mehr vorher testen lassen.

„Der Verzicht auf die Testung von Geboosterten macht epidemiologisch Sinn“, sagte Lauterbach. Mit Auffrischungsimpfung habe man nur noch ein geringes Risiko, sich zu infizieren, und ein noch geringeres Risiko, sich so zu infizieren, dass man für andere ansteckend sei. „Somit ist das ein hohes Sicherheitsniveau.“ Für medizinische Einrichtungen sei das Restrisiko aber nicht zu tragen - also solle eine solche Befreiung von der Testpflicht nicht für Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser gelten. Der Vorteil einer Befreiung sei, dass die Booster-Impfung dann noch attraktiver werde als ohnehin schon.

dpa

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