Mit dem Theaterspaß „Das Kapital: Das Musical“ von Nick Rongjun Yu eröffnete das Schauspiel Dortmund die neue Spielzeit am Freitagabend, und das Publikum im ausverkauften Saal belohnte die humorvolle Inszenierung von Kieran Joel mit Ovationen im Stehen. Star des Abends ist Lukas Beeler, der seit dieser Spielzeit zum Ensemble gehört.
Denn Beeler bricht nach einigen Minuten die Aufführung ab. Er will „geiles Theater“ und das geht nur mit (mehr) Geld. Zuvor hatte Marlena Keil, die in einer mit Marx-Köpfen bedruckten Latzhose steckte (hübsch überzeichnete Kostüme von Tanja Maderner), aus „Das Kapital“ vorgelesen und das sechsköpfige Schauspielensemble hatte mit Unterstützung von Tänzerinnen des Tanzhauses Dortmund (schlichte Choreografie: Lisandra Bardel) den „Geld“-Song (Leitung der Instrumentalmusik vom Band: Leonardo Mockridge) in einer Einkaufspassage (Bühne: Justus Saretz) performt.
Eklat am Theater
Beeler will die Zuschauer überreden, in das Stück zu investieren, damit es in einem Jahr eine gute Vorstellung sieht – und dabei noch verdient. Der Eklat macht das Schauspiel Dortmund weltberühmt: Über die Seitenwände flimmern die Nachrichten (Video: Tobias Hoeft) und aus dem Off erklingen Stimmen, die vom Aufführungsabbruch und Beelers Finanzierungsmodell berichten. Durch die unbezahlte Werbung kann Beeler die zunächst skeptische Intendantin von seinen Finanzierungsträumen überzeugen.
Im Folgenden dreht sich die Aufführung um die Kapitalbeschaffung. Es gibt witzig inszenierte Treffen mit Investoren, und Beeler fliegt auch nach New York, um sich und dem Publikum den modernen Finanzkapitalismus von Sarah Quarshie erklären zu lassen.
Amüsante Klassiker-Collage
Dabei gerät das ursprüngliche Ziel, für gute Kunst Geld zu beschaffen, immer mehr in den Hintergrund. Am Ende geht’s ganz ohne Schauspieler, das kommt bei Beelers Kollegen natürlich nicht gut an.
Aber Beeler schreckt vor nichts zurück, lässt sich von den Geldgebern das Programm diktieren. So stellt er zehn Theaterstücke gleichzeitig auf die Bühne – von „Dantons Tod“ über „Faust“ bis hin zu „Richard III.“. Eine amüsante Collage, in der die entsprechend kostümierten Mimen nur pathetisch die Schlüsselsätze aus den Klassikern wiedergeben.
Schlager erfreuen Publikum
Selbst einem Schlager-Abend gibt er sein Okay und stimmt mit seinen Investoren Lieder von Helene Fischer, Herbert Grönemeyer und Co. an – zur Freude des Publikums. Allerdings hätte man sich die Nummer mit dem Klatschbarometer zur Geldbeschaffung schenken können.
Dennoch eine muntere Komödie, die sich unterhaltsam um die Relevanz von Theater dreht.
Termine: 29. 9., 14. / 29. 10., 19. 11., 16. 12.2023; Karten: Tel. (0231) 502 72 22.
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