Künstler lebt und arbeitet auf dem Aasee
Robinsonade in Münster
Pünktlich zum Sonnenaufgang um 6.35 Uhr erscholl er zum ersten Mal: der „Stadtausruf“ von Wilm Weppelmann über dem Aasee in Münster. Der Performance-Künstler lebt und arbeitet jetzt bis zum 30. September auf seiner schwimmenden Gemüseinsel im See.

Mit dem Megafon lässt er seine Texte über das Wasser schallen.
„Raus, raus, raus, raus aus dem Haus, raus, raus, unter die Sterne. Die Erde ist unser Obdach. Seht zu, dass der Himmel nicht einstürzt. Raus, raus, aus dem Haus, raus.” – In alle vier Himmelsrichtungen spricht Wilm Weppelmann am Montagmorgen diese Worte, mit denen er sich dem Thema Obdach widmet. An jedem der 30 Tage im September wird er sich mit einem anderen Grundbedürfnis des Menschen beschäftigen. Künstlerisch darüber arbeiten will er auf der Insel, sagt Weppelmann.
Entsprechende Ausrüstung hat er dabei: Farbe, Stifte, Papier und auch einen Fotoapparat. Daneben stehen um 6 Uhr morgens kurz vor dem Einzug ins Mikrohaus noch weitere schwarze Kisten auf den Stufen am Aasee bereit. „Ich war selber ganz erschrocken, wie viel es am Ende doch geworden ist“, sagt Wilm Weppelmann und fragt sich sogleich: „Ob man das noch Minimalhaushalt nennen kann?“ Dabei hat er nur das Nötigste zum Leben eingepackt: zwei T-Shirts, zwei Hemden und zwei paar Socken zum Beispiel. Selbst die Toilettenpapierrollen sind genau abgezählt. „Davon habe ich fünf Stück.“
Lebensmittel, die das Gemüseangebot auf der Insel ergänzen sollen, sind ebenfalls mit im Gepäck, dazu ein paar Haushaltsgegenstände. „Ich nehme auch 30 Äpfel und 30 Möhren mit, die konnte ich nicht auf der Insel anpflanzen.“ Ein großer weiß-roter Rettungsring fällt sofort ins Auge. „Das ist für mich ein Stück innere Sicherheit“, verrät der Künstler. „Ich habe ja erst mit 40 Jahren schwimmen gelernt und daher ist Wasser bei mir immer mit einem Angstgefühl verbunden.“ Ein Kopfkissen sei der einzige Luxus, den er sich gönne.
Während seines Inselaufenthaltes möchte Wilm Weppelmann einen immer gleichbleibenden Tagesrhythmus einhalten. Phasen der Ruhe und Aktivität werden sich ablösen. Er will Kontakte zur Außenwelt minimieren und sich ganz auf seine künstlerische Arbeit konzentrieren. „Dabei habe ich schon jetzt ein Kommunikationsdefizit“, scherzte er eine Stunde nach Einzug in sein Holzhäuschen, das ihm für die kommenden Tage und Nächte ein Obdach bieten wird. Täglich wird es auf der Homepage des Projektes (
) den aktuellen Stadtausruf zum Nachlesen geben. Das Projekt ist der Welthungerhilfe gewidmet.