Kinofilm „Raum“ geht tief unter die Haut
Brie Larson erhielt Oscar
Neun Quadratmeter. Bett, Wanne, Fernseher, Oberlicht. Schalldichte Wände und eine Stahltür mit Zahlenschloss. Das ist die Welt des fünfjährigen Jack im Film "Raum". Nie war er an der Sonne, nie unter Menschen. Seine Mutter hat ihn in Gefangenschaft geboren, im Raum, wo ein Entführer sie seit sieben Jahren eingekerkert hält.

Ein einziger Raum ist ihre ganze Welt: Brie Larson als Mutter, Jacob Tremblay spielt den Sohn.
Lenny Abrahamsons "Raum" ist ein Film, der unter die Haut geht, nach einem Roman, der von den Fällen Fritzl und Kampusch inspiriert wurde. Hier geht es weniger um die Tortur des Eingesperrtseins oder den Missbrauch, den die Mutter erleidet - im Mittelpunkt steht die Art und Weise, wie sie für ihr Kind die perverse Situation erträglich macht.
Abrahamson erzählt von einer Erziehungsleistung, von der Kraft der Fantasie, von den Auswegen der menschlichen Psyche, die in höchster Not nach einem Schlupfloch sucht. Dabei wählt er die Perspektive des Jungen. Für dessen Begriff existiert keine Freiheit und keine Weite, es gibt nur den Raum und diesen Besucher, der Essen herbeizaubert.
Emotionale Wucht
"Menschen im Fernsehen sind platt und unecht. Ich und Ma sind echt!" Jacob Tremblay (beim Dreh acht Jahre) spielt den Jungen mit umwerfender Natürlichkeit, absolut glaubwürdig. Brie Larson bekam den Oscar für die Verkörperung der Mutter. Grandios, ihre Leistung: Wie hinter geheuchelter Normalität die Verzweiflung durchscheint.
Dann der Befreiungsschlag. Die Mutter hat einen Plan, Jack ist Teil davon. Es wühlt uns auf, wir bibbern mit, dass der Trick um Himmels willen verfangen möge. Nun entfaltet der Film eine emotionale Wucht, wie sie ganz selten ist im Kino. Das geht bis tief ins Mark.
Verwirrendes neues Leben
Für Jack beginnt ein neues Leben, verwirrend und wunderbar. Und wieder findet "Raum" die richtigen Bilder für die Gefühlswelt dieses Kaspar Hausers, dessen Kosmos ins Grenzenlose expandiert. Die Mutter steht vor der nächsten Zerreißprobe. Die Presse belagert das Haus, die Polizei hat Fragen. Ihre Passionsgeschichte hat gerade erst begonnen. Es ist einmal mehr der Sohn, der ihr Kraft und Trost gibt. Großes Kino, intensiv und herzzerreißend, geprägt von fabelhaften Darstellern und einer Inszenierung, die viel mehr sagt, als sie zeigt.
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