Jennifer Kotte über das Traumbuch
Buchtipp der Redaktion
Passend zur Frankfurter Buchmesse - auf der auch in diesem Jahr wieder unzählige Lesebegeisterte erwartet werden - haben sich unsere Redakteure ihre Lieblingsbücher vorgenommen, um sie Ihnen vorzustellen. Redakteurin Jennifer Kotte empfiehlt "Das Traumbuch".

Die Buchtipps aus unserer Redaktion.
Mitten im Sprung beginnt das Traumbuch von Nina George. Von einer Londoner Brücke in das eiskalte, schlammige Wasser der Themse, um ein Mädchen vor dem Ertrinken zu retten. Mit diesem Sprung der Hauptfigur Henri tauchen wir in die Welt der Schriftstellerin Nina George ein.
Es ist das Wie, das ihren Roman so besonders macht. Wie sie schreibt, wie sie jedes Wort ganz bewusst wählt. „Eddie ist das Beste, was mir nie passiert ist“, denkt Henri über seine Ex-Freundin, als er in den Fluss springt und die Themse ihn „umarmt“. Nina George spielt mit Metaphern und Assoziationen, lässt uns uneingeschränkten Zugang zur diffusen Gedankenwelt ihrer Charaktere. „Ein Geräusch wie Eierschale, die auf den Rand einer Porzellantasse aufgeschlagen wird“, denkt Henri, als ihn kurz nach seiner Rettungsaktion ein Auto erfasst und er seinen eigenen Aufprall noch hört.
Von da an ist Henri in einer Welt, die zwischen Leben und Tod liegt. Ein Wirrwarr aus Erlebtem, Halluzinationen und Gegenwärtigem beginnt. Was ist Traum, was Wirklichkeit? Auf großartige Weise lässt Nina George diese Welten ineinander fließen.
Eddie und sein Sohn Sam warten auf ihn. Täglich sitzt der 13-Jährige an seinem Bett, obwohl er weder seinen Vater noch Eddie bis zum Unfalltag kannte. Sam fragt sich, „ob man träumt jenseits der Schlafzone. Und ob man weiß, dass man im Koma liegt. Ich weiß im Traum nicht, dass ich träume. Ist Koma eine Art Leben, ohne zu wissen, dass man gar nicht lebt?“ Die Antwort kann allein Henri geben.
Nina George: Das Traumbuch, 416 Seiten, Knaur, 16,99 Euro, ISBN 978-3-426-65385-2