Im Musical „Linie 1“ lebt West-Berlin der 80er-Jahre wieder auf
Musiktheater im Revier
Das Mädchen aus der Provinz sucht die große weite Welt und strandet in Kreuzberg. Das ist ein wahrlich finsterer Ort: "Null Bock" und "No Future" beschreiben die fatalistische Stimmung einer breiten Jugendszene Mitte der 80er-Jahre in West-Berlin.

Yvonne Forster gibt das – zunächst sehr brave – Mädchen aus der Provinz.
Wer nicht säuft, nimmt andere Drogen und wurschtelt sich mit kleinen Gaunereien durchs arbeitslose Leben. Doch fast alle tragen das Herz am rechten Fleck.
Passgenaue Besetzung
Wohl deshalb hat es das sprachlich rustikale Musical "Linie 1" zum Kultstück der linksalternativen Szene geschafft. Das Gelsenkirchener Musiktheater im Revier (MiR) hat "Linie 1" nun erstmals auf seine Bühne gebracht. Am Samstag war Premiere im Kleinen Haus.
Auf die Qualität der MiR-Musicals ist Verlass. Die Besetzung, teils mit eigenen Kräften, teils mit bewährten Musical-Spezialisten, ist durchweg passgenau. Heribert Feckler lässt mit seiner Band den Synthie-Rock der 80er wieder lebendig werden, und die überaus gelungenen Choreografien von Paul Kribbe bringen den nötigen Pepp ins Bühnengeschehen.
Simples Weltbild
Auch Regisseur Carsten Kirchmeier versteht sein Handwerk. 105 Minuten ohne Pause vergehen kurzweilig. Allein eine inhaltliche Distanz - welche gut 30 Jahre nach der Uraufführung zweifellos angebracht wäre - geht ihm völlig ab.
Das simple Weltbild von Texter Volker Ludwig wird so ungefiltert auf die Bühne gebracht: Schuld an allem sind der Kapitalismus und die "Spießer". Letztere sind zunächst jene alten Berliner, die nur deshalb nicht arm sind, weil sie alle Nazis waren. Und wer noch zu jung dafür ist und trotzdem einen Job hat, gehört zu den Karrieristen.
Termine: 16./24./25.3., 6./15./17./22./ 30.4.; Karten: Tel. (0209) 4097200.